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EIN WOCHENENDE MIT TALCO -17.02.2012 & 18.02.2012 TALCO & Gäste im S.O. 36 in Berlin

20.02.2012

Ein Wochenende mit TALCO.

Schon seit Wochen freute ich mich auf das italienische Wochenende im S.O. 36 in Kreuzberg.

Am Freitag und Samstag waren TALCO jeweils mit wechselnden Vorbands in den Club gebucht worden. Die letzten Konzerte der Band aus dem Stadtteil Marghera welcher zu Venedig gehört, waren im S.O. 36 immer wahre Feste. Nun wagte die Band das erste Mal das Experiment an zwei Tagen zu spielen.

Freitag der 17.02.2012

Ich wagte den Versuch vor dem Konzert ein Interview mit der Band zu bekommen. Aus vielerlei Gründen war es jedoch nicht möglich und um es vorwegzunehmen, am Freitag hatte ich überhaupt keine Chance die Band vor mein Diktiergerät zu bekommen.

So stand ich also im leeren S.O. 36, als einer der ersten Besucher, weil wir das angesprochene Interview nach Beginn des Einlasses sofort machen wollten. Etwas säuerlich machte ich mir Gedanken wie ich wohl die Zeit bis zur ersten Band totschlagen kann, da lief ich direkt in die Arme der ersten Bekannten. So musste ich mir keine Gedanken mehr machen, da wir uns auf einen Plausch zusammensetzten, und nebenbei den Klängen von DJ Senor Bottrop ( aka Johnny Bottrop von The Bottrops ) lauschten, der das Publikum mit seiner Musik von Platte für den Abend aufwärmte. Der Saal füllte sich nur langsam, so dass die erste Band ASHPIPE vor einhundert Leuten spielen musste.

Die italienische Band hatte ich vor einiger Zeit bereits als Support von TALCO gesehen. Die Band, besetzt mit zwei Sängern, zwei Gitarren, Bass und elektrischer Geige kamen auf die Bühne und gaben sofort Vollgas. Ihre explosive Mischung aus Punk, Ska und Folkelementen wurde von den Anwesenden wohlwollend aufgenommen. Bewegung kam allerdings kaum auf. Immer wieder forderte die Band das Publikum auf, näher an die Bühne zu kommen und Party zu machen. Die Band strengte sich an, spielte ihre Songs voller Inbrunst, und tatsächlich… langsam, ganz langsam bewegten sich einige der Anwesenden. Immer mehr…

Ab Mitte des Sets war der Bann gebrochen. Man tanzte vorne und hatte sichtlich Spaß. Auch ein junger Rollstuhlfahrer, ganz vorne an die Bühne gefahren, tanzte mit seinem Rollstuhl. Der hatte richtig Spaß und sollte an diesem Abend noch für ein noch die gesehenes Ereignis die Hauptperson sein.

Die Songs von ASHPIPE zündeten an diesem Abend am besten, wenn sich die Geige in den Vordergrund spielen durfte. Dieses Instrument ist musikalisch das herausragende Element der Band, was sie auch zu was Besonderem macht. Neben der Musik sind aber auch die Texte von ASHPIPE wichtig, da die Band hochpolitisch engagiert ist. Sei es gegen Nazis oder die Politik, oder auch für die Vereinigung aller Fußballfans um gemeinsam gegen Staat, Verbände und Kommerzialisierung vorzugehen.

Ihre 50 Minuten nutzten ASHPIPE um zu überzeugen, und das Publikum dankte es der Band. Es war sicherlich schwer als erste Band einzuheizen, aber es gelang. ASHPIPE könnte man fast als die kleinen TALCO bezeichnen, haben doch beide Bands gemeinsame Schnittmengen.

Mittlerweile war der Saal halbvoll und es kamen immer mehr Leute ins S.O. 36.

So hatten LOADED aus Mannheim das Glück ein warm gerocktes Publikum zu begrüßen. Im Vergleich zu ASHPIPE waren LOADED musikalisch viel einfacher gestrickt. Ihr Sound, bestehend aus Rock´n´Roll Punk, etwas Oi und Folk begeisterte aber trotz dessen viele der Anwesenden. Vielleicht war das Publikum auch einfach nur heiß darauf sich zu bewegen. Das aktuelle Album “Bloodshot Forget-Me-Nots“ hatte mich nicht vollends begeistern können, aber das was LOADED gezeigt haben war, isoliert betrachtet, nicht schlecht.

Kurz vor 23.00 Uhr wurde noch mal auf der Bühne umgebaut für TALCO. Der Club war mittlerweile zu ¾ gefüllt, mit vorwiegend jüngerem Publikum. Viele bekannte Gesichter, auch aus der Szene des SV Babelsberg 03 waren zu sehen. Die Fans des Vereins unterstützen die beiden Konzertabende. Die Stimmung war gut, der Saal warm, und alles freute sich schon auf TALCO.

Die Bühne wurde dunkel, es war 23.00 Uhr, ein Intro wurde gespielt und bevor man es sich versah, standen die Venezianer auf der Bühne und begannen die Hütte abzureißen.

Die Band knallte dem Publikum ohne Umschweife ihre melodischen, schnellen tanzbaren Ska-Punk-Songs um die Ohren. Das Publikum drehte durch. Wie von der Tarantel gestochen tanzte die ersten zehn Reihen und es wurden von Song zu Song mehr.

Einige Songs später tanzte der halbe Saal. Einige die sich vor tanzen nicht mehr halten konnten, enterten die Bühne und sprangen ins Publikum. Teilweise waren mehr als vier Leute gleichzeitig am stage diven. Es wurde immer heißer, die Party war gigantisch. Die Venezianer legten ein Tempo vor das einem schwindelig wurde. Dabei spielten sie so cool zusammen, dass auch nur das Anschauen der Band begeisterte. Die sechs Italiener spielten so emotional, so voller Energie und Begeisterung, dass man sich der Musik einfach nicht entziehen kann.

Ich hab mittlerweile schon einige Konzerte der Band gesehen, und denke immer, dass war jetzt der beste Gig den ich je gesehen hab von TALCO, das können die nicht mehr steigern.

Aber sie können, und das mit einer Leichtigkeit die mir schlichtweg den Mund offen stehen lässt. Offen stand auch mein Mund, als der große Tanzmob plötzlich ruhiger wurde und alle nach oben schauten. Auf Händen wurde tatsächlich der Rollstuhlfahrer getragen. Am Rollstuhl festgebunden drehte der Mensch komplett durch. Rollstuhl-diven, hat das schon mal jemand gesehen? Völlig unklar, aber ganz real. Hier zeigte sich die gute Stimmung besonders. Niemand ließ ihn fallen, alle halfen, und man hatte zusammen Spaß. Diese Aktion verschlug wirklich allen Anwesenden den Atem. Das erste Mal in meinem Leben das ich das gesehen hab, und ich habe schon einige Konzerte gesehen. Auch keiner meiner Bekannten hatte so was schon mal beobachtet. Aber keine Zeit um drüber nachzudenken, den TALCO gaben weiter Vollgas.

Wie ein getunter Ferrari auf freier Strecke, TALCO kennen keine Bremse!

Die politisch, engagierten Texte der Band wurden von den anwesenden Italienern lauthals mitgesungen und wer kein italienisch konnte, der ballte die Faust oder tat so als ob er singen würde, dabei tanzte oder hüpfte man als ob es kein Morgen gäbe.

Da war es auch nicht schlimm, dass nach 75 Minuten, inkl. einer Zugabe, die Band die Bühne verließ. Glückliche, verschwitzte Gesichter überall im Saal. Das war der helle Wahnsinn!
Und dabei war die Band aufgrund Krankheit noch nicht mal 100%ig fit.

Zu schönen Ska - und Reggae - Klassikern der alten Schule von DJ Senor Bottrop ließen wir den Abend ausklingen.

Samstag der 18.02.2012

Heute noch mal TALCO mit zwei neuen Vorbands, einmal ONE TRAX MINDS und BOOZEMEN ACOUSTIC JAM. Und heute sollte auch das Interview endlich stattfinden.

Dieses Mal kamen wir erst kurz vor Beginn der ersten Show im Kreuzberger Club an. Dieser war schon um einiges besser gefüllt als am gestrigen Tage. So hatten ONE TRAX MINDS aus Italien das Glück schon als erste Band in einem fast halbvollen Club zu spielen. Das Trio aus den Abruzzen zeigte knapp 50 Minuten ihr Können. Die Band spielte Punkrock a la Social Distortion, US Bombs oder Frontkick ( wenn man die Rotzigkeit wegnimmt ). Es war ein guter Sound, gute Kompositionen aber nichts, was man nicht schon mal gehört hatte. Dass die Band schlecht war, kann man ihnen wahrlich nicht sagen, aber es war eben auch nichts Neues und so konnte die Band nicht wirklich begeistern, aber sie machten das was sie können sehr gut und mit der dazugehörigen Coolness.

Nach dem Auftritt der Italiener ging es dann für uns zum Interview mit TALCO in die Backstageräume, wo wir auf Sänger Dema und Trompeter Turborizia trafen, die sich Zeit für uns nahmen. Das was die Band zu sagen hatte, ist an anderer Stelle bei ramtatta.de zu lesen.

So verpassten wir BOOZEMEN ACOUSTIC JAM aus Moskau. Teile der Band begegneten uns beim Abbau auf dem Rückweg in den Saal. Sie machten den Eindruck als ob sie dem Alkohol schon gut zugesprochen hatten. Wie die Band auf das Publikum wirkte war schwer auszumachen. Es war auf jeden Fall rappelvoll. Vielleicht nicht ganz ausverkauft, aber viel fehlte nicht. Das Publikum war im Vergleich zu Freitag etwas älter aber nicht mit weniger Vorfreude dabei.

Ein anderes Intro als am Vortag kündigte TALCO an. Diese betraten wieder im dunklen die Bühne und legten nach dem Verstummen des Intros ohne Ansage wieder mit schnellen Nummern los.

Das anwesende Publikum drehte nicht gleich kollektiv durch, aber nach den ersten drei Songs hatte die Band das Publikum auf ihrer Seite. Die Hälfte des Saals war am tanzen und die Stimmung war, wie am Freitag, sehr gut, freundlich und euphorisch.

TALCO nahmen an diesem Abend öfter mal das Tempo raus, spielten auch ganz langsame Songs, die Sänger Dema mit seiner Stimme trug und die durch die Intensität und der Präsenz von Dema mindestens genauso berührten wie die schnellen Songs.

Es wurde mitgeklatscht, die Band bat bei einem Song sich zu setzen, das Publikum tat es. Die Band wünschte eine Wall of Death, das Publikum tat wie ihm geheißen. TALCO hatten das Publikum in ihrer Hand. Der Saal kochte, der Pogo ging bis in die hinteren Reihen, immer wieder flogen junge Männer und Frauen von der Bühne ins Publikum, mitgesungen wurde sowieso es sollte eigentlich nie enden. Das sind besondere, magische Momente, wenn Band und Publikum eins werden.

Die Band aus Marghera verabschiedete sich dann auch von der Bühne mit den Worten “We are TALCO from Berlin“. In keiner anderen Stadt, außerhalb ihres Heimatlandes wurden und werden TALCO so unterstützt und gefeiert wie in Berlin.

An diesem Abend sollte aber nach der ersten Zugabe nicht Schluss sein. Die Band war heiß zu spielen und Cioro der Saxophonist der während der Tour ein paar Tage hohes Fieber hatte und geschont wurde, war fit und hängte sich entsprechend rein. Natürlich gab es in den Zugaben die Songs die immer gewünscht und gespielt werden wie “St. Pauli“ und “Bella Ciao“.

Nach drei Zugaben verabschiedete sich die Band aber endgültig. “Always look on the bride side of life“ vom Band begleitete das verschwitzte, kaputte aber sehr glückliche Publikum Richtung Ausgang. Auch dieses Mal gab es noch Tanzmusik von DJ Ed Raider. Es wurde weit nach zwei und wir waren nicht die letzten die den Club verließen.

Über 1.000 begeisterte Menschen haben an zwei Tagen eine begeisterte Party mit TALCO gefeiert. Auch wenn nicht so viele Italiener wie sonst da waren, war die Stimmung einfach klasse. Es ist kein Wunder, dass die Band immer bekannter wird, denn wer die Band einmal live erlebt hat ist von ihr befallen.


Geschrieben von Frank am 21.02.2012, 00:00 Uhr


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