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RAWSIDE und RASTA KNAST im SO36

02.01.2011

Leicht fiel mir die Entscheidung nicht, welches Konzert ich am Vorabend vor Sylvester besuchen sollte, boten sich doch in Berlin Kreuzberg gleich zwei verlockende Konzerte an: Zum Einen BERLINER WEISSE im Lido, zum Anderen RAWSIDE und RASTA KNAST im SO36. Da es mir auf dem RESIST TO EXIST im August jedoch vergönnt war, RAWSIDE seit Jahren mal wieder live zu erleben, da diese kurzfristig absagen mussten, entscheid ich mich jedoch für das SO36.

Durch ein gegen die extreme Kälte etwas zu lang geratenes Vorglühen verpasste ich die erste von zwei Vorbands namens AbeuedA, was ich nicht gerade schlimm fand, nachdem ich mir ihre, ich würde mal sagen Stoner-Rock-Musik, im Vorfeld im Internet anhörte. Die zweite Vorband PRODUZENTEN DER FROIDE sprang kurzfristig für die EIGHT BALLS ein, die abgesagt hatten. Beachtlich, dass sich die Stuttgarter Skinhead/Oi-Band schon 1992 gründete, wie auch ihr Tourplan für dieses Jahr, auf dem sich neben einem Gig auf dem Force Attack 2011 und Auftritten in Frankreich, Italien und Tschechien auch eine Kurztournee durch Kanada wiederfinden lässt. Musikalisch erinnerte mich das ganze an die frühen Loikaemie: Texte auf deutsch und englisch, hassgeladen und Oi-typisch (ohne irgendwem auf den Schlips treten zu wollen) eher einfach strukturiert. Aber die Band gibt und äußert sich konsequent antifaschistisch, also nicht unpolitisch, dafür Daumen hoch. Das SO36 war nun, 22.30h, schon sehr gut gefüllt, ich würde vermuten, fast ausverkauft, ganz anders als die Schlachtrufe BRD-Tour 2009 im SO36, bei der man übertrieben ausgedrückt quasi blind hätte zur Bühne laufen können und trotzdem keinen Menschen berührt hätte. Die Bar hatte damit, wie auch im Lido am selben Abend (http://ramtatta.de/konzertberichte,id-83,go-konzertbericht_+anticops_+thee+flanders+_+berliner+weisse+am+30_12_2010+im+lido+in+berlin.html) einige Schwierigkeiten, hatte das Publikum doch bei der vermeintlichen Sylvester Warm Up-Party guten Durst zur Einstimmung auf den Jahreswechsel.

Gegen 23h betraten RASTA KNAST die Bühne und gemessen an der Fülle von Publikum mit erstaunlich wenig Pogo, etwa 20 Leute fanden sich im Pogo-„Kessel“. Die doch sonst so routinierten Niedersachsener selbst ernannten Schweden-Punks hatten anfangs einige technische Problemchen, die von den Mikrofonen ausgingen, die mühsam behoben wurden. Danach spielten sie eine gesunde Mischung aus Liedern von ihrem neuen Album und älteren Stücken, ich würde mal sagen, dass kein Klassiker gefehlt hat: Von „Revolution gegen das Volk“ über mein persönliches Lieblingslied „Bandeira Pirata“ bis hin zu „Blut, Tod und Tränen“ wurde nichts ausgelassen. RASTA KNAST wirkten (bis auf die anfänglichen Problemchen) wie immer sehr routiniert-professionell, ein besonderes Konzert schien es für die vier sympathischen Herren nicht zu sein. Nach einem knapp einstündigen Konzert verließen sie die Bühne des Berliner Klubs, erst nach einigen „Ost-Berlin“-Rufen enterten sie wieder die Bühne und spielten ihr Berlin-Lied, das hätte natürlich nicht fehlen dürfen und wurden dafür vom Publikum ordentlich abgefeiert. Im Mai kommen die Herrschaften wieder nach Berlin zum 20 Jahre NO EXIT – Festival, ich werde wieder dabei sein.

Mitternacht wurde überschritten, der Sylvestertag begann und der Headliner RAWSIDE betrat gegen 0.30h die Bühne mit „Es herrscht Krieg“, was für ein guter Opener. Wider Erwarten wurde es vor der Bühne im Pogo-Kreis dennoch nicht voller, was mich überraschte. So konnte man seine Energiereserven wenigstens für Sylvesterabend aufbewahren. RAWSIDE überzeugten musikalisch voll und ganz. Das letzte Mal sah ich sie 2007 auf dem MyFest, also am 01. Mai, in Berlin auf der Trinkteufelbühne, seitdem hat sich bei den Coburgern Einiges verändert: Live erzeugen sie eine fettere Gitarrenwand als damals durch die Verstärkung eines zweiten Gitarristen, so wirken auch die Gitarrensoli wesentlich angenehmer, und die Songs sind meines Erachtens wesentlich komplexer geworden. Nachdem ihnen ihr neues Album „Widerstand“ bestens gelungen ist, gemessen an der Qualität der Texte, inhaltlich wie auch klanglich (hatte ich auf den Alben davor manchmal Probleme, die Texte zu verstehen, ist dies nun anders) und der Sound geht mehr in die Breite, wirklich eine gute Produktion und gutes Songwriting. Live hat hierbei kein Lied des neuen Albums gefehlt. RAWSIDE stehen für kompromisslosen, politischen „riot“-Hardcore-Punkrock, dass sie mit die namhaftesten Vertreter des deutschen HC-Punk sind, haben sie nun ein Mal mehr bewiesen. Zwei Mal betraten sie nach ihrem Konzert noch die Bühne aufgrund vieler Zugaberufen und spielten, was sie konnten, bis sie „keine Lieder mehr spielen“ konnten (Sänger Henne).

Bis wann das Konzert genau ging, kann ich nicht mehr sagen, was sicherlich auch in irgendeinem Kausalzusammenhang mit meinem Bierkonsum stand, aber gegen 4h war ich wieder Daheim und hatte einen wundervollen Konzertabend verlebt.


Geschrieben von Chris am 03.01.2011, 00:00 Uhr


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