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Frei Schnauze!

11.12.2011

Frei Schnauze! aus Berlin - eine noch relativ junge Band, die sich in ihrer Musik darin verstehen, Ska mit Hardcore und Punkrock kollidieren zu lassen! Textlich klare Ansagen machen sie auf ihrem in diesem Jahr erschienenen Album "Hunger" auf dem Label "Sn-Punx Schwerin"! Im Interview beantworten sie mir nicht nur Fragen dazu, sondern auch zu der heiklen Südtiroler Geweih-Combo und dem allgemein leidigen Thema "Grauzone" in der Szene. Interresant und aufschlussreich wie ich finde, vielen dank dafür!

Kontakt zur Band findet ihr hier: http://www.frei-schnauze-band.de


Geschrieben von DrunkenDork am 12.12.2011, 00:00 Uhr


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Welche Individuen stehen hinter Frei Schnauze, seit wann gibt’s euch und wer kam denn auf die Idee die Band Frei Schnauze zu gründen?

Hinter der Band stehen sechs Berliner Musiker: Falk und Thommäs am Hauptgesang, Borch an der Leadgitarre, Alex an der Rhythmusgitarre (+ Backgroundgesang), Butthead am Bass (+ Backgroundgesang) und Oigen am Schlagzeug (+ Backgroundgesang). Die Idee der Bandgründung kam so gesehen von uns allen. Wir kannten uns schon viele Jahre vorher und standen zudem kurz vor „Frei Schnauze!“ bereits in einem gemeinsamen Proberaum. Das alte Projekt lösten wir auf, begannen gemeinsam zu jammen und stellten schnell fest, dass es eine wahnsinnig interessante Mixtur ergibt, wenn man Punkrock, Hardcore, Metal, Skinheadrock'n'roll und SKA miteinander kollidieren lässt. So gesehen spielte also jeder sein eigenes Genre in Kombination mit den Genres der anderen Bandmitglieder. Jeder machte sein eigenes Ding und doch ergab sich eine gemeinsame Einheit! Als dann irgendwann noch Texte dazukamen die alles andere als ein Blatt vor den Mund nahmen, wurde uns bewusst was wir da eigentlich fabrizieren: Wir spielten frei Schnauze. So entstand dann auch der Bandname.

War von Anfang an klar, wo es musikalisch hingehen soll und dass es textlich knallharter Auf-die-Fresse-Politpunk mit einer Mischung aus Ska, Punk und HC wird?

Nein, das war zum Anfang überhaupt nicht klar! Wie geschrieben begann alles mit unschuldigen Jam-Sessions. Damals hätte nie jemand gedacht, dass daraus eine neue, ernsthafte Band entstehen würde. Nachdem wir dann aber die ersten Riffs immer und immer wieder spielten, festigten sich gewisse Fragmente und wurden zum Ohrwurm. Irgendwann juckte es in den Kehlen das Ganze auch textlich auszuschmücken. Wenn du Hardcore mit SKA kollidieren lässt erhältst du ein überraschend spannendes Ergebnis: Der HC tritt dir von hinten mit aller Wucht in den Arsch und der Offbeat vom SKA zerrt dich kraftvoll nach vorn – das Eine schiebt, das Andere zieht! Kurzum: Es entsteht eine Dynamik aus Aggression und Leidenschaft! Wenn du eine solche Grundlage hast um darauf Texte zu schreiben, kommst du an direkter Kritik und Wut kaum noch vorbei. Die Stimmung der Musik nimmt Einfluss auf die Stimmung beim Texten. Eines kommt zum Anderen. Wenn du dann deine Augen öffnest und diesen riesen Haufen gesellschaftlicher, politischer und menschlicher Scheiße dort draußen erkennst, platzt es ganz einfach aus dir heraus und du kotzt dich in deinen Texten von oben bis unten unter Hochdruck aus! Diese Entwicklung war also viel eher eine unbewusste und unkontrollierte. Wir haben sie einfach laufen lassen um uns am Ende überraschen zu lassen welches Ergebnis in ihr fruchtet.

Nun zur ersten brennenden Frage: Aktuelle Entwicklung in der prekären Sache mit den Geweih tragenden Onkelz-Imitatoren? Haben sich die Hirsche ihre Hörner abgestoßen?

Wir wissen es auch nicht so genau. Wir sperren die Ohren auf, doch das Röhren im Walde ist vorerst verstummt. Wir hoffen, dass dort kein Jäger sein Unwesen getrieben hat. Man kann ja nie wissen, im

dunklen Walde. Andererseits geht es ja so langsam auch schon wieder auf Weihnachten zu. Vielleicht hat das Management zur Ordnung gerufen und alle wieder vor den weihnachtlichen Schlitten gespannt. Man weiß es nicht. Fakt ist, dass sich derzeit ausgeschwiegen wird. Ob das an dem unerwartet lauten Aufschrei innerhalb der Szene lag, an der Berichterstattung bis weit über die Grenzen der Punkszene hinaus (selbst Südtiroler Blogs und Online-Lokalzeitungen berichteten kritisch darüber) oder aber an den lauter werdenden Stimmen innerhalb der Deutschrock-Szene selbst wäre spekulativ. So oder so hat das Ganze eine Welle losgetreten, die scheinbar schon lange heran rollte. Wir waren da lediglich der Tropfen auf den heißen Stein. Hoffentlich hat es dem einen oder anderen die Augen geöffnet. Wahrscheinlich sitzt irgendwo jemand in seinem stillen Kämmerlein und wartet darauf, dass wir einen falschen Schritt begehen um uns dann den nächsten Haufen vor die Tür setzen zu können.

Wo wir grade dabei sind…. Wie kam’s eigentlich zum Bandnamen? Entstand der Name aufgrund einer Aversion gegen rechtsoffene Wildtiere?

Das ist natürlich der Schluss, den viele Leute aktuell ziehen. Das ist aber eindeutig nicht der Fall! Wie oben schon geschrieben bezieht sich der Bandname auf die Art und Weise wie unser Musikstil entstand, auf unsere Texte und auf die musikalische Komposition.

Ich habe das ja ein bisschen verfolgt und die Kommentare diverser Leute mal überflogen auf eurer Homepage…. U. a. werfen euch die F.W.-Sympathisanten ja vor, einen Vorteil darausziehen zu wollen, weil ihr ja durch diese Sache auch ein bisschen Werbung habt. War die Sache für euch vielleicht insoweit positiv, um die Leute mehr auf Rechtsoffenheit/Grauzone aufmerksam zu machen, dass sensibler reagiert wird und noch mehr hingeschaut?

Zu sagen, dass wir keinen Nutzen von dieser Nummer hatten, wäre glatt gelogen! Plötzlich waren FREI SCHNAUZE! in aller Munde. Wenn man bedenkt, dass diese ganze Scheiße fast zeitgleich mit unserer  Albenrelease vom Himmel regnete, hinterlässt das sicherlich auch den Eindruck als wäre das alles geplant gewesen. Das war es eindeutig nicht! Wir hätten nie im Leben mit einer so intensiven Resonanz gerechnet! Weder mit der positiven, noch mit der negativen! Um ehrlich zu sein war das umstrittene Shirt-Motiv zumindest zum damaligen Zeitpunkt nicht zur Veröffentlichung geplant. Dass es an die Öffentlichkeit gedrungen ist, resultierte lediglich aus dem hastigen Aufbau unseres Blogs (der pünktlich zur Albumrelease online stehen sollte). Um das Teil zu gestalten musst du notgedrungen mit Text und Bildmaterial jonglieren. Also erstellst du Platzhalterartikel. Einer davon war dieses Shirt um unseren Webshop zu testen. Um genau zu sein stand es EINEN einzigen Tag im Netz und Schwupps flatterte uns am Folgetag auch schon besagtes Anwaltsschreiben ins Haus. Im Rahmen unserer Pressemitteilung zur besagten Abmahnung machten wir dieses Motiv nun notgedrungen entgegen unseres ursprünglichen Plans öffentlich – immerhin handelte es sich dabei um den Streitgegenstand der Abmahnung und war daher von primärem Interesse der Pressemitteilung. Für uns natürlich perfekt! Damit hat sich jemand vorbildlich in den eigenen Sack getreten! Und jetzt mal im Ernst: Es hat doch wohl niemand ernsthaft geglaubt, dass wir unter solchen Vorzeichen unsere Mäuler halten? Na sicher doch! Deshalb heißen wir auch FREI SCHNAUZE! Ohne Worte... Das ändert aber nichts daran, dass wir auf diesen ganzen Stress liebend gern verzichtet hätten. Immerhin zieht das ja so oder so auch enorme Kosten nach sich. Zudem rutschte unser eigentliches Baby – nämlich das neue Album – wegen diesem Thema deutlich in den Hintergrund. Das hätten wir lieber genau umgekehrt gehabt! Aber gut, geschehen ist geschehen und am Ende wird sich hoffentlich alles zum Positiven wenden!

Aber back to topic! Das Thema Rechtsoffenheit und Grauzone hat es an vielen Ecken sicherlich beflügelt. Es ist schon amüsant Leute zu sehen, die im letzten Sommer noch meinten sie würden sich

privat gern solche Musik anhören und in diesem Sommer plötzlich ein dickes "Schnauze!" auf ihren Shirts prangte. Was uns besonders verwundert hat ist die szeneübergreifende Kritik! Da kamen Bands auf uns zu, die sich auf dem Wacken gemeinsam mit den Herren die Bühne teilen mussten und dringlichst darum baten eines dieser Shirts zu bekommen um ihre Kritik auch visuell auf der Bühne zum Ausdruck zu bringen. Das Gleiche betrifft das Summerbreeze Festival. Es gibt Bands die ihre Bühnentransparente zu diesem Zweck abänderten, Bands die aus Solidarität begannen ähnliche Shirts zu drucken, auf diversen Festivals tönten Ansagen gegen die wilde Grauzone von den Bühnen und und und. Politisch betrachtet ist das natürlich ein enormer Erfolg! Ganz einfach weil sich diverse

Mailorder (abgesehen von einem!), diverse Labels, diverse Bands, diverse Veranstalter, diverse Fanzines usw. eindeutig positioniert haben. Das war ein deutliches Zeichen all derer, denen die Szenen noch am Herzen liegen! Eine deutliche Ansage an alle politisch fragwürdigen Spinner, dass sie in unseren Reihen unerwünscht sind! Wir hoffen, dass das dem einen oder anderen nachwachsenden Punk die Augen geöffnet hat und er nicht in die Falle der kommerziell-motivierten Rechtsoffenheit tappen wird. Da haben ja schon mehr als genug Leute Scheiße am Schuh.

Beim Thema Grauzone geht ja nie der Gesprächsstoff aus. Viele Bands nehmen es ja nicht genau, mit was, wem oder wo sie spielen und vor allem, wer wird zum Konzert hinein gelassen. Bei FW wurde ja oft genug schon bewiesen, dass hier nicht nur in der Band sondern auch im Publikum Schwachmaten sind. Andererseits sehe ich auch eine große Gefahr, unreflektiert und vorschnell zu reagieren und Leute vorschnell als Grauzone abzustempeln. Ich finde schon, dass man sich einen persönlichen Eindruck verschaffen sollte, wenn es über eine Band zu schwammige Gerüchte gibt. Wie sind eure Erfahrungswerte beim Thema Rechtsoffenheit?

Das ist wohl dein Lieblingsthema, was? Haha, aber bleiben wir bei der Beantwortung deiner Fragen. Dafür sind wir ja gerade auch da. Grundsätzlich muss man sicherlich unterscheiden zwischen der

Band, dem Publikum, der Einstellung von Bands gegenüber(!) ihrem Publikum UND der Veranstaltung die man als Band bespielt. Wir selbst wissen beispielsweise, dass wir – da spielt uns das Schicksal

einen Streich – auch in der Deutschrock-Szene gut ankommen, genauso wie es auch einige Nasen gibt, die zu unserer Mucke abgehen. Wir könnten also wenn wir wollen auf diesen Zug aufspringen, Kohle abkassieren und einen Scheiß auf unsere Ideale geben. Wir könnten die Augen verschließen und den ganzen Scheiß dulden um finanziell von ihm zu profitieren. Es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass wir bereits mehrmals (kein Scherz!) auf Deutschrockkonzerte eingeladen wurden (die wir natürlich ausdrücklich nicht spielten!). Mit nicht unerheblichen Gagenangeboten! Die Alternative ist genau das zu festigen, was wir aktuell machen: Standhaft bleiben, uns unserer Ideale besinnen und vor Allem die Augen nicht vor der Realität zu verschließen. Bands die einen Scheiß auf die Gesinnung ihres Publikums geben dulden damit unter Umständen auch rechte Idioten auf ihren Konzerten. Sie sind also für rechte Besucher offen und damit rechtsoffen. Spiele ich als Band auf Veranstaltungen, bei denen eindeutig rechtsoffener Scheiß spielt, habe ich die Möglichkeit mich entweder auf der Bühne dagegen zu positionieren oder aber ich halte die Fresse und dulde dieses Treiben. Sobald ich es dulde, bin ich dafür ebenfalls offen ergo erneut rechtsoffen. Und so weiter und so fort… Viele der Bands denen ein Grauzonenvorwurf zur Last gelegt wird tragen ihn zu Teilen aber auch zu Unrecht. Das muss man an dieser Stelle auch ganz deutlich erwähnen! Man kann nicht sinnlos Konstellationen von vor 15 Jahren in die heutige Zeit transferieren und unter heutiger Interpretation zurecht pflücken. Wenn ich heute auf Bühne A spiele und in 10 Jahren spielt dort beispielsweise Endstufe KANN ich beispielsweise nie etwas davon gewusst haben (weil es ganz einfach noch gar nicht geschehen ist). Eine Einordnung als rechtsoffen ist wegen solchem Quatsch also absolut sinnlos (Anmerkung: Das ist nur ein fiktives Beispiel!). Leider greift eine solche Logik in einigen Fällen aber wie wild um sich und zerstört damit eine effektive Diskussion zum eigentlichen Thema. Ganz einfach weil sie durch Spekulationen entkräftet und unglaubwürdig wird. Fakt ist, dass eine gesunde und effektive Diskussion zu diesem Thema NUR stattfinden kann, wenn sie sachlich geführt wird und nicht emotional geladen ist! Andernfalls wird die Konsequenz daraus sein, dass sich eine zu Unrecht beschuldigte Band auf Dauer selbst den Stempel der Grauzone geben wird – ganz einfach um damit aus Protest ein lautes "Fickt euch!" in die Welt zu schreien. Die wirklich gefährlichen und fragwürdigen Bands bleiben dabei leider schnell auf der Strecke oder aber nähren sich an der daraus resultierenden Möglichkeit zur Abschwächung ihres Vorwurfes. Wir selbst wissen in voller Konsequenz wie wir zu diesem Thema stehen und wofür bzw. wogegen wir uns aktiv engagieren: Good Night White Pride! Fuck RAC!!!

So jetzt mal zu eurem neuen Album „Hunger“, welches auf dem Schweriner Label Sn-Punx erschienen ist: Da ich das Vergnügen hatte, die CD auch gleich noch zu reviewen, hat sie mich als „Wenig-Hardcore-Hörer“ sehr überrascht. Tut gut diese Prise Ska in eurer Musik, macht das ganze doch um einiges abwechslungsreicher. Textlich spielt das Album definitiv in der oberen Liga des Polit-Punk. In welchem Zeitraum ist die CD denn entstanden?

Das Album hat insgesamt ca. 2,5 Jahre an Entwicklung und Umsetzung gefressen. Wie du dir vorstellen kannst ist das Songwriting bei all den Einflüssen nicht immer das einfachste. Mal abgesehen davon, dass wir uns die Studioaufnahmen nur in Etappen leisten konnten und entsprechend Stück für Stück zusammenschustern mussten. Im Endergebnis fällt das aber kaum auf. Tobi vom Kugelphone Studio hat da einen echt guten Job gemacht und dürfte nach all den Sessions wohl um einige grauen Haare reicher sein. An dieser Stelle einen dicken Dank dafür, genauso wie an Dirk und Caro von den SN-Punx!

Wie gestaltet sich denn so ein „Probe“ bei euch? Habt ihr zusammen die Lieder kreiert oder jeder für sich alleine im stillen Kämmerlein und euch dann getroffen?

Neee, nichts im stillen Kämmerlein! Das kleckert sich alles innerhalb der Proben zusammen. Meistens kommt irgendwer mit einem neuen Fragment an, darauf wird kurz gejammt, dabei entstehen dann

wiederum Fortführungen oder neue Lines, die Sänger gehen mit einem Ohrwurm nach Hause und kommen dann ebenfalls mit Fragmenten zur nächsten Probe wieder zurück. So kommt eins zum anderen bis der Song an Reife gewonnen hat. Wenn es dann um die Finalisierung geht gibt es in der Regel irgendwann Streit und Zoff. Ganz einfach weil jeder für ein anderes Genre steht und die unterschiedlichen Einflüsse erst einmal unter einen Hut gebracht werden müssen. Im Anschluss geht es dann runter in die Kneipe und bei einem Bierchen verpufft der Zoff wieder im Nichts. 

Hattet ihr von vorneherein vor, die CD auf einem Label rauszubringen und wie seid ihr zu Sn-Punx gekommen?

Label war schon immer der Plan. Ohne Label macht es auch kaum einen Sinn. Immerhin hast du über ein effektives Label auch einen effektiven vertrieb zur Seite. Wenn du versucht über Eigenproduktion

deine Scheibe in die ganzen unterschiedlichen Läden und Shops zu bekommen wirst du blöd. Das frisst solch Unmengen an Zeit, dass du dich überhaupt nicht mehr auf die eigentliche Musik und Konzerte konzentrieren kannst. Muss nicht ein! Mal davon abgesehen, dass das nach dem ganzen Aufnahmen- und Masteringgedöns nochmal einen ordentlichen Batzen Kohle abverlangt. Insofern war die Entscheidung schon immer klar zu einem Label zu wollen. Zu SN-Punx sind wir über eine ganz normale Bewerbung gekommen. Nachdem wir unsere Aufnahmen im Kasten hatten und das Mastering in Sack und Tüten, begannen wir Bewerbungen an eine Hand voll Labels raus zu schicken, die uns persönlich interessiert haben. Darunter waren auch die SN-Punx. Und wie es der Zufall wollte antwortete Dirk auch prompt zurück, dass er sich ein Labeling mit uns gut vorstellen könnte. Wir verstanden uns auf Anhieb, bewegten uns offensichtlich auf der gleichen Wellenlänge und damit war die Sache auch schon besiegelt. Absolut unspektakulär, pflegeleicht und stressfrei. Dafür bekommen der liebe Dirk und die liebe Caro an dieser Stelle auch nochmals ein dickes Bienchen ins Muttiheft!

Welche Erfahrungen in- und außerhalb der Szene muss man gesammelt haben, um Inspiration für diese doch sehr tiefgängigen, durchdachten Texte zu haben?

Puhhh... Muss man dafür ernsthaft Erfahrungen sammeln? Wir denken dafür muss man einfach nur die Scheuklappen von den eigenen Augen nehmen und sich die Welt dort draußen bewusst ansehen. Ohne eine Portion Philosophie geht das natürlich nicht. Jemand der stumpf im Kopf ist wird die Welt auch nur in ihrer visuellen Erscheinung erkennen. Sobald man sich aber ein wenig mit geopolitischem Treiben auseinandersetzt und die Dinge in einen internationalen Zusammenhang stellt, sollte es offensichtlich werden wie dreist und hinterhältig man uns an jeder Ecke ins Gesicht lügt. Dazu zitieren wir kurz einen Auszug aus unserem Text "Schlachtruf der Idioten": „...Ihr sollt glauben! Fressen! Sollt nicht länger hinterfragen! Mit retuschierten Bildern schlagen sie der Wahrheit in den Magen! Bis zur Besinnungslosigkeit mit Trugbildern konfrontiert, die euch blenden – eine Täuschung, die die Sinne verwirrt! ... Die euch verführt! ... Die euch den Blickwinkel diktiert!" . Das ist ein

unabhängig eingefangenes Weltbild. Nichts weiter! Im Text "Ohnmacht" haben wir dazu eigentlich schon einen recht passenden Hinweis darauf, aus welcher Situation bzw. welcher Gefühlslage heraus unsere Texte oft entstehen: „Schon wieder einer der Tage, die ich nicht länger ertrage, weil ich hinterfrage – mich mit Erkenntnissen plage! Tage, an denen ich die Ohnmacht sehen kann Die uns überall erwartet – die niemand leugnen kann! Solche Tage sind für mich nur sehr schwer zu verdauen, statt hinunter zu schlucken, bin ich am Wiederkauen! Weil ich es auskotzen, breittreten, hinausschreien muss: Das Gefängnis der Freiheit – Ohnmacht im Überfluss!".

Wie gestaltet sich die sogenannte „Szene“ in Berlin, ist sie dort sehr gespalten oder gibt es noch eine Art Zusammenhalt? Und wie verhält es sich in eurem Umkreis mit der Grauzonenproblematik? Hat man es als Band schwer, mit einer klaren Einstellung und Distanz zu diversen, seltsamen Bands Anerkennung zu finden oder noch besser, Vorbild für andere zu sein?

Wo fängt die Szene an, wo hört sie auf? Das ist schwer zu beantworten. Es gibt definitiv deutliche Spaltungen aber das war schon immer so und wird wohl leider auch immer so bleiben. So sehr die Szene aber auch gespalten sein mag, steht sie bei Einem aber glücklicherweise noch immer zusammen: Nämlich wenn es um den Angriff auf die letzten, verbliebenen Alternativ-Zentren der Stadt geht. Beispiel Liebig 14 oder die Köpi! Da Berlin wahnsinnig viele verschiedene Strömungen besitzt, findet auch jede Band ihr individuelles Publikum und so wird man fortwährend mit Anfeindungen als auch Zuspruch konfrontiert. Damit muss man leben und seinen eigenen Weg suchen ohne zu viel auf die Meinung Anderer zu geben.

Wo habt ihr eure musikalischen Erfahrungen gesammelt? In welchen Bands wart ihr aktiv und wo spielt ihr derzeit noch so nebenbei??

Alex (spielte früher Akkordeon und spielt aktuell nebenbei bei Nordwand) und Thommäs (spielte früher Schlagzeug) stammen ursprünglich von den Essensresten (Kellerpunk), Falk (früher Trompete)

tourte mit TenSing quer durch die Republik, Oigen spielte früher bei Flying Shit (Punk), Borch (spielte früher Blues und Klarinette) war eine Art Wandergitarrist bei Paddelevents und Butthead (spielte nebenbei Klavier) stammt aus einer Gothicband. Irgendwann trafen wir uns alle in einem gemeinsamen Proberaum in der Band OTP wieder, lösten selbe Band auf und gründeten FREI SCHNAUZE!

Ihr lasst euch musikalisch nicht in eine Schublade stecken, was ich sehr authentisch finde, da manche Bands leider doch sehr oft versuchen, etwas zu kopieren. Was hört ihr denn gern, wenn ihr mal nicht selber zockt? Lasst ihr euch, zumindest ein bisschen, davon kreativ beeinflussen?

Das kann man so genau nicht sagen. Da hört jeder etwas anderes. Wenn wir die Genre zusammenfassen müssen, dann finden die folgenden definitiv Einfluss in den privaten Musikgenuss: Street-Punk, Punkrock, Skatepunk, HC-Punk, Hardcore, Metalcore, Metal, Blackmetal, SKA, Reggae und natürlich Scooter ;-).... Halt alles was alternativ und handgemacht ist. Und ja, natürlich hält das auch Einzug in die kreative Entwicklung neuer Songs. Da kommt man auch gar nicht drum herum.

Wo seht ihr die Grenze zur Kommerzialität erreicht, bzw. kann man die überhaupt so ziehen, dass man sagt bis hier und nicht weiter? Es gibt ja auch Punkrocker die von ihrer Band leben  müssen. Wie steht ihr dazu?

Wenn es Musiker schaffen, von ihrer Musik zu leben ist es ihnen in jedem Fall sehr zu gönnen. Die Grenze zum Kommerz wird in unseren Augen überschritten, wenn das Herz nicht mehr im Vordergrund steht, sondern der Gedanke möglichst viel Geld zu scheffeln. Spätestens wenn Bands fünfstellige Gagen verlangen stimmt das Gleichgewicht eindeutig nicht mehr. Selbst vierstellige halten wir schon für äußerst fragwürdig. Wie hoch Gagen im Einzelnen sein können/sollten/dürfen, hängt stark vom Anfahrtsweg, der Mitgliederanzahl,  Ausgaben für Instrumente, gestellte Technik, Benzinkosten, Unkosten usw. ab. Letztlich muss das jede Band, jeder Konzertbesucher und jeder Veranstalter selbst entscheiden. Dafür gibt es keine Faustregel! Die Macht eine Definition dafür zu schaffen trägt ausschließlich das Publikum. Wenn es Kommerz nicht supportet, wird er in den Szenen auch wieder abnehmen. Unterstützt es ihn, wird er weiter wuchern.   

Was ist bei euch in naher Zukunft so geplant, z. B. geplante Konzis oder Touren? Schon wieder neue Sachen in Planung?

Bis zu diesem Punkt stehen derzeit einige Termine zum Ende des Jahres an, viele Anfragen sind derzeit von uns auch noch unbeantwortet. Das ist oft ein Jobproblem aufgrund von Schichtdiensten.

Aktuell stehen für dieses Jahre definitiv das Potse Festival, das Save The Scene Festival, das Siempre Antifascista Festival, Wurzen, Halle, zwei noch ungeklärte Shows in Bayern und ein Show in Celle an. Da liegen aktuell aber wie geschrieben noch einige im Anfragefach, die beantwortet werden wollen. Da wird sich in den kommenden Wochen sicherlich noch einiges ergeben. Neuigkeiten bezüglich unserer Konzerte findet ihr immer auf unserem Blog: http://frei-schnauze-band.de 

Zudem dürften in den kommenden Monaten noch ein paar Samplerbeiträge folgen. Der erste Song zum nächsten Album befindet sich schon wieder in der Geburt seiner Entstehung. Eventuell gibt

es zwischendurch noch eine Splitauskopplung. Das ist alles noch nicht spruchreif. Wir konzentrieren uns vorerst auf die anstehenden Shows und darauf unser Album möglichst effektiv unter das Volk zu bekommen. Das hat derzeit Prio Eins!

Noch eine Frage zum Schluss: Welche positive Veränderung würdet ihr euch im Allgemeinen in der Punkszene am meisten wünschen und was für euch als Band im Speziellen?

Drei Worte: Denken statt Konsumieren!

Für uns als Band? Hmmm... Wahrscheinlich das wir so bleiben wie wir sind. Immerhin sind wir allesamt auch dicke Freunde, nicht bloß ein zusammengewürfelter Haufen Musiker. Natürlich wünschen wir uns und unserem Publikum wahnsinnig geile Konzerte auf den kommenden Shows! Die Albenkritiken sind bis jetzt wahnsinnig positiv, das bisherige Feedback auf unsere Shows ebenfalls – so kann es gern weitergehen!

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