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Kein Hass Da

Weitere Informationen:
http://www.keinhassda.de/
https://de-de.facebook.com/keinhassda
Muss man sie noch vorstellen, KEIN HASS DA, die Peacniks des Punk, die Rastapunker der Reeperbahn, die Hippies im Hardcoregewand? Na klar muss man das, denn diese Band fliegt zumeist unter dem Radar der von Promo-Agenten gefütterten Öffentlichkeit. Banausen, Ihr! Intensive Auftritte, einzigartige Texte und die wohl coolste Interpretation von Multimedia (CD + Schallplatte + Comic) sollten reichen, um Zweifler zu überzeugen. Weitere zu erwähnen ist, dass es sich bei den Songs fast nur um auf Deutsch umgedichtetes BAD BRAINS-Material handelt.
Mit Karl Nagel hat KEIN HASS DA einen extrovertierten Sänger und Szene-Prominenten; er tritt hier nicht als Provokateur auf, sondern ist auch im Gespräch zunächst ein Künstler, der ständig nach einem Ventil für seine Gedanken sucht. Der Rest der Band ist die erfahrene Einheit, die dafür sorgt, dass der Sound dazu auf den Punkt gespielt ist. Ein wenig verwundert über das ungewohnte Interesse an ihrer Musikgruppe gaben mir die vier ein nettes Interview, während nebenher das Kreuzberger MyFest bollerte.
Nach anfänglicher Klärung der Identitäten (Karl: Gesang, Olli: Gitarre, Toshi: Bass; Rotter: Schlagzeug vs. King Kraut: BILD-Zeitung) ging es los mit knallharten Fuckten.
Geschrieben von King Kraut am 23.08.2015, 12:25 Uhr
Olli: Seit 2007.
Karl: Eigentlich wollte ich nur wieder ganz allgemein Musik machen und hatte Lust, diese BAD BRAINS-Dinger als Warm-Up zu machen, weil ich zehn Jahre lang keine Musik gemacht hatte. Ich dachte mir, ich muss mal wieder ein Bisschen Feeling kriegen, am besten mit Songs, mit denen mich irgendwas verbindet.
Olli: Ich hab vorher bei EMILS gespielt, die haben sich aufgelöst. Wir wollten weiter Musik machen, da haben wir mit Rotter und noch zwei anderen Kollegen bis 2004 die Band SECRET 99 gemacht, das war BAD BRAINS-Cover nach den Originalen. Dann haben wir uns aufgelöst Jahre später hatte ich dann den Kontakt mit Karl. Der suchte Leute, die gerne BAD BRAINS spielen würde. Und da hat sich das so entwickelt.
King Kraut: Was sind denn die Vorteile davon, dass ihr auf den Songs aufgebaut habt, die es schon vorher gab?
Toshi: Dass wir eine Vorlage haben, an die wir niemals herankommen werden.
Karl: Aber das war kein Vorteil in dem Sinne. Man wollte das eben. Was ist denn der Vorteil deiner jetzigen Freundin, wenn du eine hast? Kann man nicht so sagen!
King Kraut: Doch, doch, kann ich schon sagen. Aber sagen wir es so: Was sind die Vorteile gegenüber der Herangehensweise, alle Songs von Anfang an selbst zu schreiben?
Olli: Der Vorteil ist, wenn man es so sehen will: Man hat ein Set.
Karl: Der Plan war immer, diese BAD BRAINS-Sachen nur als Einstieg zu nehmen. Aber es ist immer etwas passiert, das es verhindert hat. Wechselnde Bassisten, Krankheiten, Todesfälle. Von diesem Projekt ist Toshi der vierte Bassist.
Rotter: Dieses Projekt hat generell zu viele Bassisten. Auch SECRET 99 hatte schon 3 verschiedene Bassisten. Das beschleunigt die Dinge nicht gerade.
King Kraut: Ist es schwierig, für diese Musik den Bass zu bedienen?
Karl: Nicht generell. Du findest wohl allgemein nicht sehr leicht Musiker für so etwas. Wenn Olli ausfallen würde, wo bekämen wir dann einen neuen her? Nicht für diese Sachen. Auch Schlagzeuger nicht. Die wachsen einfach nicht mit diesem Sound auf.
Rotter: Wenn du BAD BRAINS machen willst, dann musst du jemanden haben, der das kennt, der das mag und der auch in der Lage ist, das zu spielen. Denn das ist nicht ganz einfach. Man muss da nicht der wahnsinnig studierte Ober-Crack für sein, aber man muss dafür definitiv tight spielen. Ein Haufen Leute sagen: „Da hab ich Bock drauf, klar, gerne!“, kommen dann vorbei und sagen: „Oh. Die meinen das ja ernst!
Karl: Bei Coversongs denken ganz viele an Gassenhauer. Aber wir machen kein Cover in dem Sinne. Das sind recht komplexe Stücke, und dann hast du auch noch anderen Gesang – man kann das nicht einfach so runter spielen.
King Kraut: Ihr hattet angekündigt, Aufnahmen zu machen, richtig?
Olli: Wir sind im November letzten Jahres in die Pampa gefahren, haben da neue Songs aufgenommen – natürlich nur eine Rohfassung.
Karl: Allerdings fehlt der Gesang noch, die Texte, alles. Als nächstes haben wir eine Weile nicht geprobt, dann kam irgendwann der Punkt, wo ich gemerkt habe - das hat nichts mit dieser Band zu tun gehabt – ich musste in meinem Leben einen Break mit ein paar Sachen machen. Dadurch hatte ich die letzten zwei Monate wieder keine Zeit für die Band.
Aber das ganz reale andere Problem ist: Diese zwei, drei Stunden pro Woche, wenn es wirklich dazu kommt, die gehen komplett dafür drauf, um das Set überhaupt am Leben zu halten. Die BAD BRIANS (berliner Hardcore-Coverband, spielte an jenem Tag auch – Anm. v. KK) haben 120 Songs, die müssen sie aber nicht dauernd proben, weil sie von der Struktur leichter zu beherrschen sind. Unsere 33 Songs oder so, die musst du ständig spielen, sonst entgleiten sie dir regelrecht. Ich kann dir gar nicht sagen, wie wir das mit dem Machen von neuen Songs unter einen Hut kriegen.
Ich behaupte aber mal, dass wir im Laufe dieses Sommers drei neue fertige Songs haben werden, die wir dann auch spielen werden.
Olli: Sonst rennst du nackt durch Altona.
Karl: Von meiner Seite her will ich das zumindest vorbereiten. Und wenn du hörst, dass ich nackt durch Altona gerannt bin, weißt du ungefähr, was passiert ist.
Olli: Das hat auch einen gewissen Reiz.
Karl: Ich bring das.
King Kraut: Das haben wir aufgenommen, jetzt ist es amtlich.
Wird es mehr komplette Eigenkompositionen von KEIN HASS DA geben?
Olli: Wir möchten gern irgendwann ein eigenes Set präsentieren möchten. Es wird sicher durchkommen, dass es hier und da nach BAD BRAINS klingt, aber es ist nicht geplant oder so.
(Brian von den BAD BRIANS kommt vorbei)
Karl (zu Brian): Ich habe gerade behauptet, ihr habt 120 Songs und braucht die nicht dauernd zu üben, stimmt das?
Brian: 121.
King Kraut: Karl, Du gehst als Textschreiber bei KEIN HASS DA mehr aus Dir heraus, im Vergleich zu Deinen anderen öffentlichen Äußerungen. Du präsentierst dich verletzlicher, indem du deine Gefühle mehr herauskehrst. Wie kommt das?
Karl: Das Gute bei Songtexten ist: Die liest sowieso keiner. Aber wenn man singt, dann kann man da alles reinstecken an Energie und Power.
Rotter: Dass die keiner liest, würde ich nicht sagen.
Karl: Weniger Leute lesen die Songtexte als irgendwelche beknackten Facebook-Einträge von mir. Da kannst du von ausgehen. Und die, die Songtexte lesen, sind auch eher bereit, sich damit auseinanderzusetzen. Und nicht nur plumpe Kommentare darunter zu schreiben.
Toshi: Das sind die, die bei den Konzerten mitsingen.
Karl: Nicht unbedingt, aber auch.
Irgendwann ist man aus dem Alter heraus, wo man Lust hat, nach dem Publikum zu schielen und zu gucken, was kann ich für einen Slogan bringen, der bei allen gut ankommt. Sobald du lernst, dass du dann am besten singst, wenn es komplett aus dem Herzen rauskommt, dann fängst du auch an, es so zu machen. Für mich ist das Musikalische absolut zweitrangig. Altes Problem in der Band. Für mich ist das, was ich empfinde, wenn ich singe, absolut vorne. Da ist mir auch scheißegal, ob ich mich mal versinge oder irgendwas merkwürdig rüberkommt, oder ob ich dabei bekloppt aussehe. Solange das Gefühl in dem Augenblick in mir steht. Das ist das wichtigste. Und dann kommt erst die Musik.
Rotter: Das macht einen zum Entertainer, diese Grundeinstellung, dass man beim Singen sterben kann!
Karl: Ja! Das war genauso, als ich diesen „Liebeskummer“ hatte in den letzten Monaten. In ein paar Proben habe ich dreimal so gut gesungen wie sonst. Weil ich gefühlsmäßig dermaßen unter Spannung stand, das musste ich einfach in diese Songs reinstecken.
Olli: Du hattest den Blues.
Karl: Ja, gewissermaßen. Dazu musst du aber Songtexte haben, wo du in dem Augenblick alles reinpumpen kannst. Wenn du sagst, „Haut die Bullen platt“ und „Alles Fotzen außer Mutti“, kannst du das nicht machen.
King Kraut: Ihr macht keine 1:1-Übersetzung von Bad Brains-Texten. Habt Ihr schon einmal probiert, was dabei herauskäme? Gotteslieder?
Karl: Richtig. „We read the holy bible.“ Das wäre unehrlich, wenn ich das singen würde. Ich glaube, dadurch könnte ich es auch nicht richtig singen. Mir geht es nicht um den Text, um das Wort.
King Kraut: „Nation“ kommt auch oft vor. Wenn man das nur Wort für Wort ins deutsche übersetzen würde, würde sich das komisch anhören.
Karl: Ja... „NAZIon“. Die meinen aber etwas anderes. Im Englischen ist das kein Problem. „Black Nation“, „Jah Nation“,„Rastaman Nation“, „Was-weiß-ich Nation“, das drückt immer nur dieses Zusammengehörigkeitsgefühl aus.
Der Begriff „Nation“ ist historisch betrachtet nichts schlimmes. Die deutsche „Nation“ ist sehr blutsmäßig geprägt, ethnisch. Im Französischen hingegen hängt „Nation“ nicht von deinem Blut ab, sondern meint: Sobald du auf französischem Boden geboren bist, egal, welche Hautfarbe du auch hast, was auch immer, dann bist du Franzose.
Texte von den BAD BRAINS sind natürlich bis zu einem gewissen Grad religiös. Aber auch Religion hat zum Teil positive Wurzeln. Bei den Texten, die ich gemacht habe, habe ich immer Versucht, die Grundstimmung und die Grundausrichtung, welche die Originaltexte haben, zu erfassen und zu verstehen; die Energie, die darin steckt. Und das dann mit eigenen Gefühlen und Geschichten zu verbinden, das war das Schwierige. Und dass es sich noch halbwegs so anhört wie das Original. Wort-für-Wort-Übersetzungen zu singen käme für mich überhaupt nicht in Frage. Bei manchen Songs ginge es. „Sailing On“ oder so. Aber mach mal „She's Calling You“.
Rotter: Das kann man auch übersetzen, aber dann ist es halt... weird shit.
Karl: Balla balla.
King Kraut: Was hat sich bei KEIN HASS DA verändert, im Vergleich mit euren vorherigen Bands?
Toshi: Unser Alter zum Beispiel. Das passiert fast jedem.
Olli: Das ist bei mir die Qualität, wie man spielen muss, um das rüber zu bringen. Ich habe früher in Punkbands gespielt, wo wir uns vorher besoffen haben. Das würde hier überhaupt nicht funktionieren. Da muß man ganz straight sein. Das war hier eine ganz neue Erfahrung
Heute haben alle was zu tun, Jeder von uns hat Jobs am Start, was früher nicht unbedingt so der Fall war. Heute haben wir einen Probetermin, haben wenig Zeit, und dann heißt es, rapperti rapperti rapperti.
Karl: Die Erfahrungen sind meist positive, und ein paar negative. Positiv ist, dass wir weniger Zeit als früher verschenken; was aber auch ein Nachteil sein kann, weil das Verschenken von Zeit Kreativität hervorrufen kann. Aber die Zuverlässigkeit ist viel extremer, als es früher war. Obwohl wir damals halb so alt waren, ist die Band live agiler, energetischer als wir es damals waren. Das ist sehr lustig.
Ein Nachteil ist, dass alles immer sehr auf den Punkt sitzen muss, weil wir sehr wenig Zeit haben. Dadurch entstehen bei den Auftritten keine neuen Songs. Einfach die Dinge laufen lassen und sehen, wie sie sich entwickeln, das gibt es nicht.
Rotter: Ich muss sagen, die Metal-Band, in der ich vorher war, war was unsere jetzige Disziplin und fokussierte Arbeitsweise betrifft...
Olli: ...das war so gesehen eine Punk-Band!
Rotter: Definitiv! Das war „Punkband³“. Wenn der Sänger dann mal kam, hat er schon eine Flasche Wodka intus gehabt, hat die zweite gleich im Proberaum nachgekippt, lag breit auf der Couch und hat Kommentare abgegeben, die Hälfte war nie da beim Proben. Deswegen habe ich da auch das Handtuch geworfen.
Jetzt bin ich mit den Jungs hier unterwegs, mir bringt das wenigstens was. Man macht Auftritte, man fährt rum, man probt gezielt, versucht Sachen zu machen, da ist Disziplin da. Die Leute sind pünktlich beim Proben. Und wenn einer nicht kann, sagt er ab.
Karl: Das passt ganz gut zur Ausstrahlung der BAD BRAINS-Musik. Da ist dieses Gefühl: Nutze den Tag, hab Energie, leg los, mach was! Flieg! Wird schon irgendwie gut gehen! Gerade dieses Zappelige, was diese Musik hat, das kannst du echt nur durch hartes Proben machen, anders kriegst du das gar nicht hin. Sonst musst du andere Musik machen.
Alle guten Bands haben geprobt bis zum abwinken. Die BAD BRAINS haben dazu sogar ein eigenes Haus gehabt, wo sie jeden Tag Musik gemacht haben. Klar, das war dann etwas lockerer. Aber glaub mir, da lernst du was bei!
Rotter: Ich habe mich mit einer damaligen Band sechs Tage die Woche im Proberaum getroffen und wir haben geübt. Da sind auch echte krasse Songs bei raus gekommen, echt komplizierte Sachen. Wir hatten eben die Zeit dafür. Heutzutage wäre da unmöglich.
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