Design wechseln

Start » Konzertberichte » BANDA BASSOTTI, BOIKOT, ERODE & BANDA RUDE am 09.02.2013 im S.O. 36 in Berlin

BANDA BASSOTTI, BOIKOT, ERODE & BANDA RUDE am 09.02.2013 im S.O. 36 in Berlin

12.02.2013

Das letzte Konzert von BANDA BASSOTTI in Berlin ist schon mehr als zwei Jahre her. So war ab der Veröffentlichung dass die Band endlich mal wieder in Berlin spielen wird, die Vorfreude groß. Dem Konzert wurde schon Wochen vorher entgegengefiebert. Konzerte der Band in Berlin waren bisher einzige Feste.

Am Konzertabend mussten sich die Leute die pünktlich gekommen waren, allerdings noch etwas gedulden. Die Türen sollten um 19.30 Uhr aufgehen, so dass schon einige Leute, insbesondere diejenigen die noch keine Karten hatten, pünktlich vor der Tür des S.O. 36 standen. Die Tür war allerdings noch zu. So musste also noch gebibbert werden an diesem kalten Februarabend. Der schmale Fußweg vor dem Club wurde immer voller, so dass es für zufällig vorbeikommende Passanten schwer wurde, sich durch die Wartenden durchzuschlängeln. Gesicht und Finger wurden immer kälter und so langsam machte sich zumindest Ungeduld breit. Um 20.00 Uhr öffneten sich dann endlich die Türen und es ging in den Club. Die klammen Finger tauten im Konzertraum langsam auf. Das erste Bier des Abends wurde bestellt. Es herrschte eine sehr relaxte Stimmung war der Club doch noch ziemlich leer. Er füllte sich langsam aber sicher, so dass die erste Band BANDA RUDE zwar vor vielleicht 70 Leuten anfing, aber vor ca. 400 Leuten aufhörte. Die Band durfte auch ein paar Minuten später anfangen, als auf dem Zeitplan vermerkt, um den Auftritt nicht als  Wohnzimmerkonzert verbuchen zu müssen.

BANDA RUDE aus Dresden und Bologna sagten mir nix, jedoch war ich sehr gespannt, was die Band bieten würde. Waren doch bei den letzten Konzerten von BANDA BASSOTTI auch die Vorbands sehenswert.

Als die Band die Bühne betrat, die Korg-Orgel angeschmissen wurde und der Sänger die ersten Worte ins Mikro sang, war klar was es geben würde. Eine saucoole Mischung aus tanzbarem Reggae, Rock und ein bisschen Ska. Der Sänger der aus Italien kommt hatte eine fantastische Stimme und machte auf der Bühne gut Stimmung. Er hüpfte herum, sang mit Herzblut und konnte das Publikum für sich einnehmen. Als er dann noch bat, ein bisschen näher zur Bühne zu kommen, taten das einige und es wurde sogar angefangen zu tanzen. Die Band wusste tatsächlich sehr zu gefallen. Der Sänger erinnerte mich teilweise an Dr. Ring Ding, aber auch der Sound ging in die Richtung. Also sehr groovig und cool. Zum Abschluss des Auftritts wurde noch zur Demoteilnahme “Nicht lange fackeln, Nazis blockieren“ aufgerufen, da die Idioten am 13.02.2013 in Dresden aufmarschieren wollen, dem Tag der Bombardierung der Stadt im zweiten Weltkrieg. Schon mal ein sehr guter Einstand für diesen Abend. Politisch wie musikalisch.

Als zweite Band spielte ERODE. Eine Band aus Como in Norditalien. Die Band wurde 1994 gegründet, brachte einen Tonträger raus und spielte ein paar Jahre. Dann löste sie sich auf. Mittlerweile gibt es die Band wieder. ERODE spielen Oi der alten Schule mit dem Druck des Streetpunk. Viele freuten sich auf den Auftritt der Band, war es doch der erste Gig der Band im Ausland. Viele Skins fanden sich in den ersten Reihen, viele Italiener sowieso und dazwischen viele Neugierige.

Kaum waren die ersten Takte der Band gespielt entwickelte sich vor der Bühne ein ansehnlicher Pogo und viele wollten unbedingt mit dem Sänger zusammen singen. Dieser lies sich nicht zwei Mal bitten und hielt das Mikro häufig ins Publikum und dieses sang begeistert mit. Die Band sang komplett in Italienisch und spielte mit so viel Herzblut und Leidenschaft, dass die Sprachbarriere in kürzester Zeit aufgebrochen wurde. Die Fäuste flogen nach oben, es wurde lauthals mitgesungen, einige Wörter kennt man dann ja doch und die Begeisterung stieg von Minute zu Minute. Im S.O. 36 war es mittlerweile gut heiß und wenn noch jemand  Zweifel hatte, dass dieser Abend nicht ausverkauft sein würde, der wurde jetzt eines besseren belehrt. ERODE konnten absolute begeistern. Das einzige, auf den ersten Blick etwas verwunderliche war, dass zum Abschied der Band die Nationalhymne der DDR vom Band eingespielt wurde. Im Kontext zur Einstellung der Band war das zwar durchaus nachvollziehbar, aber etwas verwunderte Gesichter verursachte das eben auch.

Nach dem Gig der vier Männer aus Como kämpfte ich mich zum Merchandisestand durch um zu schauen, was die Band anbot. Schöne T-Shirts die die politischen Aussagen der Band unterstreichen und eine Vinylscheibe. Für mich war klar, nach dem Konzert schlage ich da zu, und vielleicht kauf ich mir auch noch ein Shirt von BANDA BASSOTTI. Erstmal aber die Flüssigkeitszufuhr gewährleisten, war es doch mittlerweile nicht mehr nur heiß, sondern auch stickig. Das Klima glich einem heißen Tag in Berlin.

Falls ich es noch nicht erwähnt hatte, das S.O. 36 war an diesem Abend fest in italienischer und spanischer Hand.

Als dritte Band betraten nach einer etwas längeren Umbaupause BOIKOT aus Madrid die Bühne. Um nach vorne zu kommen musste man mittlerweile einige Zeit einplanen, aber mit Geschick und einem Lächeln kam man voran. Es war richtig voll und die Menge war heiß, heiß auf Musik, heiß auf BOIKOT.

War die erste Hälfte des Sets noch etwas ruhiger, gab die Band in der zweiten Hälfte enorm Gas und erinnerte stark an Talco. Die Band spielte perfekt zusammen und die Stimmung war dementsprechend extrem gut. Man tanzte, sang mit und genoss den Auftritt der Band. Es störte auch nicht groß, dass die in manchen Songs vorhandenen Bläsereinsätze vom Band kamen. Es war fantastisch wie das Publikum fast komplett durchdrehte und extrem viel Spaß hatte. T-Shirts wurden ausgezogen um sich noch ein bisschen zu kühlen, Leute sprangen begeistert von der Bühne ins Publikum und wurden freudig aufgefangen. Es war ein fantastischer Gig. Schneller, melodischer Punkrock mit vielen Tempo - und Stilwechseln. Wer Talco mag, wird BOIKOT auch mögen und wenn dir das alles nix sagt, schau dich im Netz um und lass dich begeistern.

Es hätte hier schon enden können. Es waren drei tolle Bands, es war bis dahin ein toller Abend, es war ein Genuss diesen Abend mit diesen Bands genießen zu dürfen und dabei kam der Hauptact ja noch. Die Umbaupause für BANDA BASSOTTI aus Rom war recht lang, was aber niemanden ärgerte. Trinken, Luft schnappen und durchatmen war angesagt und sich natürlich einen guten Platz sichern. Der Club war so voll, dass es an manchen Stellen kein Durchkommen mehr gab. Es ärgerte aber niemanden, dafür war die Stimmung zu gut.

Dann ging das Licht aus und “Redemption Song“ von Johnny Cash erklang. Gänsehaut pur.

Die Band betrat im Schutze der Dunkelheit die Bühne, fing jedoch nicht an zu spielen, sondern machte Platz für den Sänger von BANDA RUDE der mit einem älteren Herrn aus Italien die Bühne betrat. Er stellte diesen als Sohn eines Partisanen vor, der von Nazis ermordet wurde. Die kleine Ansprache die der Italiener dann hielt, wurde ergriffen und begeistert aufgenommen. Noch mehr Gänsehaut. Was das für ihn und für die Band bedeutet kann man gar nicht einschätzen, das ist viel zu groß. Als der weißhaarige Italiener damit endete, dass er sich, beim Anblick von so viel begeisterten Gesichtern gar nicht mehr alt fühle, war das ein Moment, wo einem fast die Tränen kommen konnten.

BANDA BASSOTTI begannen dann schnell ihr Set, während der weißhaarige Mann den ganzen Gig am Bühnenrand mitverfolgte und einige Male sogar am Mikro mitsang.

Die Band wurde natürlich freudig vom Publikum empfangen. Es wurde noch mehr getanzt als bei BOIKOT, es wurde lauthals mitgesungen und jede Ansage der Band wurde frenetisch beklatscht. Es war wieder ein Fest, BANDA BASSOTTI zu sehen. Auch wenn nach der Hälfte des Sets sowohl beim Publikum als auch bei der Band Ermüdungserscheinungen zu sehen waren (der Sänger war durch eine Erkältung etwas geschwächt), so spielte die Band tapfer weiter und das Publikum ging begeistert mit. Keiner verließ den Saal, es war ein einziges Fest. Es ist schwer zu beschreiben für diejenigen die die Band noch nie gesehen haben. Ska-Punk, Rock, Reggae, Folk…das sind die Zutaten aus denen die Musik der Römer gemacht wird. Immer antifaschistisch, antikapitalistisch, gegen die Mafia, gegen Berlusconi, für mehr Menschenrechte, für eine soziale Änderung des Systems, für eine Regierung vom Volk für das Volk und nicht dagegen. Wenn BANDA BASSOTTI spielt, scheint alles möglich zu sein.

Die Band spielte zwei Stunden und wurde verabschiedetet wie sie begrüßt wurde. Mit lautstarker Begeisterung, auch wenn sicher mehr die Hälfte des Publikums stehend k.o. war.

So jetzt schnell zum Merchandise gehen und einkaufen.

Aber was war das?

Der Merchandise war quasi nicht mehr vorhanden. Der Merchandise von ERODE war komplett weg und die paar Artikel die bei BANDA BASSOTTI noch zu kaufen waren, waren entweder zu klein oder zu groß. Und ich war wahrlich nicht der einzige der noch Geld loswerden wollte. Der Merchandiser war schon am Verzweifeln, aber er konnte auch nix machen. Was weg ist, ist weg. Muss ich wohl auf das nächste Konzert warten, was hoffentlich bald ansteht.

Drei Tage nach dem Konzert bin ich immer noch ganz geflasht!


Geschrieben von Frank am 13.02.2013, 00:00 Uhr


Teilen:                    

Kommentieren