Design wechseln

Start » Reviews » PEACH F.T.L. - Supernova

PEACH F.T.L. - Supernova

PEACH F.T.L. - Supernova

CD
  7 / 10

"Supernova" verwöhnt die Anhängerschaft der Neo-Metal-Formation Peach F.t.l. aus Montpellier gleich doppelt: Zur CD gibt es auch eine Making-Of-DVD mit durchaus neckischen Videos, in denen sich die Band überzeugend cool als Anti-Rockstars gibt und sich zum Beispiel auf einer Cocktailparty vom vorrätigen Schlampenmaterial nicht weiter vom Weltschmerzpoltern ablenken lässt. Beim ersten akustischen Eindruck drängt sich solch Schalkhaftigkeit aber keineswegs auf. Im Gegenteil: "Supernova" scheint sich Noch-Zeitgenossen anzudienen, von denen es in den Nachrichten im Fall des Falles regelmäßig heißt, sie wären unauffällig gewesen und hätten im Treppenhaus stets freundlich die Nachbarn gegrüßt, bevor sie sich bei ihrem vorzeitigen Schulabbruch im Klassenzimmer die allerletzte Kugel selbst gaben. Songtitel wie "On meurt ensemble" oder das horrorschwangere Cover tragen zu solchen (Fehl-)Interpretationen das Ihrige bei, wie auch die wie Schüsse schwirrenden Beats oder der oft folternd verschleppte Rhythmus, über den sirenenhafte Gitarrenkaskaden stürzen, wobei von Werteverlust, schwelendem Zorn, aufgestauter Wut auch mal spartenüblich gebrüllröchelt wird. Gut gemacht ist das schon, sogar überdurchschnittlich gut, virtuoser als von anderen Socken aus der Metal-Schublade, auch bringt das vokalreiche Französisch eine eigene musikalische, für dieses Genre unbedingt originelle Farbe mit ein. Doch die meisten Songs, und das ist das Verstörende, kratzen an großen Gefühlen, die aber nicht zum totalen Ausbruch, zum "großen Knall" gelangen. Dieses Unbehagen löst sich erst ganz am Schluss, in Form einer echten Pointe, im Finale der CD, "Juste une histoire", dem letzten der 13 Songs: Er kehrt nach minutenlangem Verstummen im Gewand eines klassischen Punkrock-Thekenhauers zurück. Uff, da rennt der Hase, eine echte Erleichterung. Beim zweiten Reinhören klingt "Supernova" dann schon unverfänglicher und taugt durchaus zur Beschallung des Leerens einer Rotweinflasche, und zwar am offenen Fenster, während eines Wolkenbruchs, nachdem man beschlossen hat, eine bestimmte Telefonnummer nie mehr zu wählen. Wenn die Welt schon schäbig und banal ist, dann kann ihr das Beklagen ein wenig Würde und Anmut verleihen - das ist vielleicht die Botschaft dieser Kapelle. In ihrer Heimat sind Peach F.t.l. eine richtige Hausnummer, haben in den elf Jahren ihres Bestehens zahlreiche Preise abgeräumt, kamen auch schon zu MTV-Ehren, sind aber vor allem durch das Soundbett eines TV-Werbespots bekannt geworden. Dass diese Band strikt französisch singt, macht die Erweiterung ihres Einflussgebiets leider nicht leichter, und das ist schon schade. Man hat es hier nämlich nicht nur mit einer Band zu tun, sondern mit Typen. Verquer, reiz- und geheimnisvoll, weil sie womöglich noch mehr zu sagen und zu denken haben als auf dieses Album passt. Erschienen ist "Supernova" bei Spectre Records.

Geschrieben von Cheidi am 14.10.2008, 00:00 Uhr


Teilen:                    

Kommentieren



Weitere interessante Reviews

Lord Bishop Rocks - Tear Down The Empire

Geiler Typ, wie konnte der so lange unter meinem Radar fliegen? Über 30 Jahre rockt LORD BISHOP schon, war unterwegs mit Superstars der harten Stromgitarren und ist auch äußerlich ein...

Weiterlesen

LOS PEPES - OUT OF THE VOID

Die neue Scheibe von LOS PEPES startet so, dass ich denke, hier spielt “Church of Confidence“ aus Berlin-Kreuzberg. Ein sehr ähnlicher Gesang und ähnliche Melodien, da musste ich echt zwei...

Weiterlesen

Slime - 3!+7hoch1

Es gibt Bands, die altern wie ein guter Whisky: Sie werden komplexer, gewinnen an Tiefe, verlieren aber nichts von ihrer Schärfe. Und dann gibt es Bands wie SLIME – die mal kein Whisky,...

Weiterlesen

LOS FASTIDIOS - BACK TO BLACKPOOL

Eine der umtriebigsten Bands die ich kenne, LOS FASTIDIOS, haben am 01.08.2025 eine neue 7“-Vinyl veröffentlicht. Passend zum Sommer gibt es zwei Songs die nicht nur für die Jahreszeit...

Weiterlesen

BERLIN 2.0 - KALTENTAL

“Vergesst alles, was Ihr dachtet, über Postpunk zu wissen - BERLIN 2.0 zünden die Endstufe in der Punk-Evolution“. Das sagt der Informationszettel ,was den Schreiber über das zwei Album...

Weiterlesen

NASTY NEIGHBOURS - HORRORISMO!!

Was ist das nur mit den lieben Nachbarn? Sind so, wie sie sind, kann man nichts machen. Sie lieben, leben, streiten sich, wie alle anderen auch und doch sind sie anders. Sie sind ganz anders....

Weiterlesen