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Betontod - Antirockstars

Weitere Informationen:
http://www.betontod.de
http://www.myspace.com/betontod
Gestern flatterte das neueste Werk der Rheinberger Herren BETONTOD in meinen Briefkasten. Der findige RAMTATTA.de Review-Leser wird feststellen: „Äh, auf RAMTATTA gibt es doch schon `ne Kritik von „Antirockstars“, oder?“. Dem sei gesagt: Ja. Aber Geschmäcker sind ja zum Glück verschieden und auch ich würde gerne meinen Senf zu dem gutsten Stück abliefern. Wer eine große Lobeshymne auf BETONTOD lesen will, sollte sich daher wohl die Kritik vom 08.09. durchlesen.
Das erste, was ich vom neuen BETONTOD-Album hörte und sah, war vor etwa einem Monat das Video zum Lied „Keine Popsongs“. Das Video zeigt ein gestelltes BETONTOD-Konzert mit Zwischenschnitten: Die nicht gerade komplexe Geschichte eines Anzugträgers mit Aktenkoffer, der am Bahnhof auf seinen Zug wartet. Dabei wird er aufmerksam auf einen Flyer für eben jenes BETONTOD-Konzert, welches wohl in seiner Stadt zu sein scheint. Erleuchtet von dem Flyer schmeißt der Herr seinen Aktenkoffer über Bord, rennt wie besessen los, zieht sich dabei seinen Anzug aus und kommt gegen Ende des Liedes im Konzert an. Der Flyer allein hat also aus unserem seriösen Krawattenleguan einen verwegenen Konzertgänger gemacht, der kurzerhand seinen Arbeitskoffer wegschmeißt und auch seine Bahnfahrt zum Geschäftstermin sausen lässt. Was Flyer so alles anrichten können… Aber zugegeben: Allzu einfallsreich ist das nicht. Sehr klischeebehaftet. Und neu erscheint mir das auch nicht. Und dazu der Text, in welchem der Sänger die große Unangepasstheit von BETONTOD schildert („Ihr habt uns nie gewollt, ihr habt uns nie gepusht, ihr habt uns ignoriert, nur, weil wir anders sind“), wo ich mich doch schon frage, wer „ihr“ sein soll. Die Band wächst und wächst, spielt nur noch auf großen Bühnen und wird sogar in namhaften Zeitschriften erwähnt. Ihre große Fahne der Unangepasstheit und Andersheit dabei mit beiden Armen nach oben zu halten und wild zu schwenken, das ergibt dabei für mich keinen Sinn. Kennt man derartige wir – sind – so – anders - Selbstbeweihräucherungen doch von Bands wie den, ich nenne den Teufel mal beim Namen, Böhsen Onkelz (danke an Rüdi von Pogoradio für die Bezeichnung „Linke Onkelz“ für die hier besprochene Band) oder von den Onkelz 2.0 namens Frei.Wild. Darüber zu singen, wie anders man ist, dass es einem keiner leicht macht und wie schwer man es hatte und hat und klar, natürlich, dass die Industrie und die Medien doof sind: Das scheint dann doch ganz doll im Trend zu liegen und auf ein breites Publikum zu wirken. Als ich das letzte Album der Rheinberger besprach, habe ich mich noch dagegen gewehrt, sie mit derartigen Bands zu vergleichen, aber an dieser Stelle, wenn man sich den Text des quasi Titelsongs „Keine Popsongs“ anschaut, sind die Ähnlichkeiten schon so unübersehbar wie ein bunter Hund vor einer weißen Wand.
So, nun aber Genüge mit den harten Worten. Mit dieser Einstellung jedenfalls näherte ich mich dem Werk „Antirockstars“. Nach dem ersten Hören aber musste ich feststellen, dass das Album gar nicht derart furchtbar schlimm ist, wie gedacht. Hatte ich da den Teufel vorschnell an die Wand gemalt? Jedenfalls ist es besser als das Vorgängerwerk „GlaubeLiebeHoffnung“, welches stark wie Peter Maffay auf Koks klingt. Schlagerattitüde gepaart mit Metalgitarren. „Antirockstars“ geht da eher wieder zurück zu „Schwarzes Blut“, welches 2006 auf, was mich ein wenig verwunderte, Nix Gut erschien. „Antirockstars“ ist wieder einmal herrlich produziert, fetter Gitarrensound, ein breites Klangpanorama, perfekte Lautstärkeverhältnisse: Das geht gut nach vorn. Über die technische Seite kann man wirklich nicht meckern. Die Melodien gehen auch gut ins Ohr und haben sicherlich auch Mitgröl-Faktor: Live, aber sicherlich auch am Tresen und im Bierzelt in einer Playlist zwischen schon oben genannten Bands. Interessant oder besser ausgedrückt denkenswert finde ich es immer wieder, wenn sich Bands um teils sakrale Rhetorik bemühen in altbewährter Toten Hosen - Manier, ist das doch aber eher Punkrock-untypisch wie es in Lied Nummer 1 namens „Gloria“ heißt: „Unser Kreuzzug hat begonnen (…), wie gefallene Engel schreiten wir voran“. Das wirkt gerade bei einer Band wie BETONTOD sehr aufgesetzt. In Zusammenhang mit den nächsten Zeilen „nichts hält uns noch auf“ ist dem eine Selbstverliebtheit und Selbstüberhöhung nicht abzusprechen. Und das Quoten-Betontod-Suff-Lied ist natürlich auch wieder mit von der Partie unter dem Titel „König Alkohol“. Seit „Exzessiver Alkoholgenuss“ hat sich die Band wohl als ihre Aufgabe gesehen, jedes Album mit einer Hymne auf unser aller Freund Alkohol zu versehen. Versteht mich nicht falsch, ich trinke auch gern, aber wären bei dem Lied anstatt verzerrter Gitarren ein Keyboard dabei, könnte es aufgrund seiner Melodie auch auf der aktuellen Ballermann-Hits-Scheibe sein.
Ansonsten ist die Platte auf jeden Fall gitarrenlastiger als alle ihre Vorgänger. Das steht der Band mit ihrem neuen Stil jedoch recht gut, da man ihn auch als eine Mischung aus Punkrock mit Hang zu Metal nennen kann. BETONTOD scheint sich somit noch ein wenig weiter vom Punkrock entfernen und so ein breiteres beziehungsweise neues Publikum erspielen zu wollen. Betrachtet man die Fanscharen um Bands wie Frei.Wild, scheint es für derartige Musik und Texte schließlich einen großen Markt zu geben.
Ich will der Band ihr „wir scheißen auf den Mainstream“ (Lied „Keine Popsongs“) ja auch nicht aberkennen, aber wenn ich mir anschaue, was die Herrschaften so fabrizieren, erweckt das schon einen anderen Eindruck. Zum Beispiel, wenn man eine Special Edition vom Album herausgibt, welches mit Feuerzeug, Flaschenöffner und – aufgepasst - Autogrammkarte bestückt ist. Man beachte hier: Diese Special Edition ist sogar schon ausverkauft! Jedenfalls ist das auch Mucke, die gut bei kleinen Vorstadtrebellen ankommt, die ihren tiefergelegten Opel Corsa mit einem BETONTOD - Heckscheibenaufkleber verschönern und dann mit quietschenden Reifen in die nächste Dorfdisco fahren.
Geschrieben von Chris am 15.09.2011, 00:00 Uhr
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