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Masked Intruder, Pale Angels - Cassiopeia, Berlin


An einem Donnerstag Abend im Cassiopeia, das ist ja nun für die unhippen unter uns eher ein Kompromiss, wenn sie am nächsten Tag früh raus müssen. Jedoch begibt sich eine Band bei so etwas ins Herz des Territoriums der Szene-Spacken, die dann mit ihren Hipsterbärten oder Maschinenbaustudenten-Outfits nebst Mode-Tattoos ihre stilistische Orientierungslosigkeit zur Schau stellten. Sehen und gesehen werden. Vielleicht verstehe ich auch einfach nicht, dass das alles total witzig ironisch gemeint ist. Wenn man für nichts steht, kann man natürlich auch die eigene Hohlheit hinter der Ironie verstecken. Soll's alles geben! Nebenbei bemerkt, ich bin nun auch nicht der King of Punk, aber bei oberflächlichen Menschen gestatte ich mir doch ein wenig oberflächlichen Menschenhass. So, Rundumschlag erledigt, und eigentlich war ich ja wegen der Bands da.

Angebrochen wurde der Abend von PALE ANGELS, und es scheint vorher keinen Soundcheck gegeben zu haben. Anders kann ich mir nicht erklären, dass erst nach vier Songs so etwas wie Musik zu erkennen war. Vorher waren die drei Typen auf der Bühne erkenntlich am Abgehen und schienen auch etwas zu spielen, aber man hörte nur Dröhnen. Gerade die Gitarre schien wichtig im gewollten Sound zu sein, den man irgendwie als NIRVANA meets Punk Rock beschreiben könnte, und gerade diese hörte man bis zum Ende nicht richtig. Den Gesang auch nicht. Bitte einen fähigen Tontechniker einwechseln, das ist echt nichts, für das man Eintritt verlangen kann. Erst zur zweiten Hälfte des Auftritts hin gab es ein spannungsgeladenes instrumentales Noise-Stück mit einem anschließenden Punk-Kracher hinterher, die zusammen ahnen ließen, was die Band in ihren besten Momenten an Leidenschaft und mitreißender Stimmung erzeugen kann. Leider ebbte diese schnell wieder ab, als man dann ein Rockstück im mittleren Tempo etwas zu lange zelebrierte. Vielleicht war auch einfach die Gelegenheit früh verspielt worden, das Publikum mitzureißen. Die Band hat sich ohne Zweifel ordentlich den Allerwertesten abgespielt, aber ein mieser Sound und Songs, die vermutlich gerade von roher Klangzerstörung oder psychedelischen Effekten leben, sind wirkungslos verpufft. Schwer zu sagen, was die Musik unter Laborbedingungen hergibt. Viel Glück beim nächsten Mal.

Bei MASKED INTRUDER gestaltete sich die Sache zum Glück anders. Der naive Pop-Punk mit der Überdosis Süßstoff ging ließ sich mühelos dem Publikum vermitteln, das die Band auch entsprechend abfeierte. Zwar war auch hier leider Sologitarre und Gesang noch suboptimal zu vernehmen, was angesichts der vielschichtigen Harmonien ein deutlicher Pluspunkt gewesen wäre. Trotzdem schadete das der Musik nicht, die so eingängig ist, dass man bei einem Song, den man zum ersten mal hört, schon beim zweiten Refrain mitsingen kann, oder zumindest das passende Schalalalah. Dazu das alberne Konzept einer Band von Verbrechern, komplett mit bunten Skimasken vom letzten Bankraub. Dumm, aber voller Liebe im Herzen. Dazu noch eine dicke Nerd-Brille ohne Gläser beim Sänger Blue (Farbe der Maske = Name der Figur), für das extra bescheuerte Aussehen. Thematisch passende Ansagen sorgten für gute Laune beim Publikum, das kollektiv mitsang und -schwang. Um das sicherzustellen, hatte die Band zudem als fünftes Mitglied einen breitschultrigen Kerl als Polizisten verkleidet, komplett mit Naturschnauzer, der nonstop durch die Zuschauerschaft walzte, alle Texte mitsang, die Leute umarmte und zum Tanzen anregte. Ja, die Bullen, diese Stimmungskanonen! Aber auch, was auf der Bühne geschah, war gekonnt: Von der sportlichen Leistung der Schlagzeugers, der mit seinen turboschnellen Achteln auf der Hi Hat dem seligen Tommy Ramone Ehre gemacht hätte, über den tanzenden Gitarristen Green bis zu den wirklich schön gesungenen Melodeien, die sich durch alle Songs zogen. Diese sind in der Machart relativ ähnlich, und daher wurden die besten und poppigsten alle runtergebrettert, ohne dass ein besonderer Schwerpunkt auf einem der bisherigen beiden Alben zu erkennen wäre. Insgesamt war das live natürlich viel lauter und punkiger als von Platte, aber dafür geht man eben zu einem Konzert, statt sich in den Sessel vor seiner Anlage zu setzen.
Einen amüsanten Moment gab es noch, als zwei angeblich zufällige Frauen aus dem Publikum animiert wurden, mit Blue zusammen ein Duett zu singen. Tja, was soll ich sagen, wenn man als völlig unbekannte Band zum ersten mal nach Deutschland kommt, und das so macht, dann kennen zwei fremde Sängerinnen nicht nur den Text komplett auswendig und treffen jeden Ton, sondern wissen auch genau, an welchen Stellen sie einsetzen müssen. So ist das im Land der talentierten Punkerinnen! Aber lustig war es, es erinnerte mich ein wenig an Zaubershows, wo auch die „Freiwilligen“ so überrascht tun, wenn sie auf die Bühne „genötigt“ werden.
Am Schluss haben MASKED INTRUDER also aus dem anfangs eher mäßigen Abend eine ausgelassene Party gezaubert, und ich fand es interessant, wie gut ihnen das gelungen ist, obwohl man ihre Gesichter nicht sehen konnte. Das scheint auch so zu gehen, wenn alle ihre Rolle spielen und ungebremsten Pop-Punk in die Menge feuern. Überfallt uns gerne wieder!

Geschrieben von King Kraut am 19.09.2014, 12:29 Uhr


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