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Paul Di Anno (Ex-Iron Maiden) & Fragmentation // Rockbar Rössle Neresheim

11.11.2015



Die ersten beiden Alben von 'Iron Maiden' laufen bei mir rauf und runter.
'Killers' ist eine meiner Lieblingsscheiben überhaupt. Die ersten von Maiden haben einen ganz eigenen Charme. Geheimnisvoll, von Nebel umhüllt wie ein vertonter  80er B-Movie Horrorfilm. Ich habe mir die beiden Vinylscheiben damals bei Kleinanzeigen in der RockHard bestellt da irgendwo geschrieben stand, dass die sehr punkig sein sollen. Das kann ich so nur bestätigen. Es ist viel Punk drin, aber auch viel 70er Progressiverock. Viel entstand da wohl beim Jammen. Vom spielerischen haben mich schon immer die Drums und Bass am meisten beieindruckt und ich halte 'Paul Di Anno' für den geileren Maiden-Sänger. Er hat ein richtig rauhes, bluesiges Organ und bringt sehr viel mehr Feelings rüber als Bruce Dickinson. Was ich mich aber schon immer gefragt habe ist, ob er nur rein vom Bandimage in den Heavy Metal der 80er Jahre gepasst hätte, wo alle Sänger nur mit der hohen Eierkneifstimme gesungen haben. Egal, ich habe mich also vor ein paar Monaten gefragt, was denn 'Paul Di Anno' heute so treibt, ob er überhaupt noch Musik macht. Ich musste feststellen, dass er nicht nur nach wie vor aktiv ist, sondern auch in der Nähe ein Konzert spielen wird und habs mir ganz dick, rot im Kalender angestrichen...

Von Ingolstadt hatte ich es fast zwei Stunden zu fahren und fuhr dann gleich nach der Arbeit von Ingolstadt Richtung Neresheim in Baden-Württemberg. Irgendwas ist ja immer, und so war der Tunnel in Harburg natürlich gesperrt und ich musste die Umleitungen abgurken. Es war schon dunkel und ich war gespannt was den das nun für eine Veranstaltung sein würde. Wäre auch total madig gewesen, wenn die Halle ausverkauft gewesen wäre.

Als ich dann ankam war ich ganz verblüfft. Neresheim ist ein Kuhkaff in der Nähe von Schwäbisch Gmünd und das Konzert fand in einer Rockerboazen (Boazen: bayerisch für Wirtshaus) statt. Im ersten Stock gab es einen "Tanzsaal" und dort fand das Konzert dann statt. Ich hatte im Auto gerade den Solopart von Phantom of the Opera am Laufen und beim öffnen der Türe roch es richtig schön nach Misthaufen.

Ein paar Langhaarige standen schon draußen und oben angekommen waren gerade mal 30 Leute im Saal. Das versprach schon mal einen richtig gemütlichen Abend. Es füllte sich langsam und die meisten Leute waren Langhaarige und Rocker.

Irgendwann stand dann die Supportband 'Fragmentation' auf der Bühne. Sympatische Jungs, die ihr Death Metal Brett runterjagten. Für diese Art von Musik schon ordentlich, jedoch kann ich persönlich nichts mit Growlgesang anfangen und alles war doch recht durchschaubar und stereotyp. Der Sänger versuchte immer recht böse und wahnsinnig rüberzukommen. Macht man da wohl so, gehört dazu, aber ich finds pillepalle. Den Leuten schien es aber recht gut zu gefallen und es wurde ordentlich vor der Bühne gebangt und eine Metallady tanze exzessiv zur Musik. Gute Stimmung, nur das zählt....

Nach einer Umbauphase erklang das düstere Intro und eine Kultgestalt des Rock'n Roll sollte die Bühne betreten. Zur Überraschung aller auf Krücken! Wie ich später erfahren habe ist er schon länger an den Knien erkrankt. Er lies sich auf einen Wirtshausstuhl nieder und lies sich erst einmal stürmisch von der Menge feieren. Begleitet von seiner deutschen Backingband den Phantomz/Architects of Chaos, gings schon mal gut los. 'Sanctuary'. "Gib mir Zuflucht vorm Gesetz und schlaf mit mir heut nacht!". Der Raum war voll, in der ersten Reihe wurde gebangt und die Scheiben waren beschlagen. Der Club war total verraucht...Rock'n Roll Feeling pur. Ich habe keine Ahnung mehr wie es weiterging, ob der 'Prowler' der nächste Song war? Es war einfach geil dazustehen und das ganze Feeling einzufangen. 'Murders in Rue Morgue' bis dann 'Chalotte the Harlot' kam. Die exzessiv tanzende Metalmiezi tanze gerade neben mir und ich beschloss ein wenig auf Tuchfühlung zu gehen. 'Charlot, zeig mir deine Schenkel' ;)

Danach wurde es ruhiger "Remember Tomorrow" von der ersten Scheibe, den Di Anno posthum dem 2013 verstorbenen Maiden-Drummer Clive Burr gewidmet hat. Es ist eine Ballade mit ganz eigenwilligen Gitarrensound. Der Song hat eine psychedelische Note. Entweder es wurde auf Platte ein Effekt benutzt oder die Bandlaufgeschwindigkeit wurde extrem beschleundigt. In jedem Fall baut sich der Song auf und wird zum Ende hin immer härter. Der Text handelt vom Sterben und ist sehr metaphorisch verpackt:


"Tears for rememberance, and tears for joy,
Tears for somebody and this lonely boy.
Out in the madness, the all seeing eye,
Flickers above us, to light up the sky."


Weiter ging es mit Nummern aus Pauls Karriere nach Maiden.
Haben jetzt nicht so gekickt wie die Sachen von Maiden. Müsste ich mir halt die Sachen mal auf Platte anhören. Der Schalk saß Paul im Nacken, einige Witze bei den Ansagen. Dann ein "Manche Leute meinen alles über mich wissen, meine Ex-Frau war so eine und wisst ihr was sie wusste? Garnichts" oder ein "Ist das hier eine verfickte Schwulenbar?" Paul ist bekannt für seine homophoben Auswüchse.


'Wrathchild' war auch noch dabei. Dann kam glaub ich schon bald 'Killers' und er bedankte sich bei Steve Harris für diesen Song. 
DAS ist auch mein Lieblingssong von Maiden. Ich liebe diesen Song. Das epische spannungsgeladene Intro und die rauhe, entfesselte Energie:

Scream for mercy, he laughts as he's watching you bleed.
Killer behind you, his blood lust defindes all his needs

Dann schloss das 6-minütige 'Phantom of the opera' das reguläre Set ab. Ein geiles Stück. Hier gefällt mir das markante Riff und der progressive Soloteil. 


Die Zugabe war eine große Überraschung. "Wer steht auf Punkmusik?" hat Paul gefragt. Ich war glaub ich der einzige der im Raum die Arme hochriss..."Es ist mir egal, hier kommt der Song von meiner Lieblingsband, den Ramones" und dann haut der den 'Blitzkrieg Bop' raus. Alle Metaller in der erste in den ersten reihen reckten die Fäuste in den Himmel und sangen "Hey Ho, lets Go!" Geil!


Als krönenden Abschluss wurde nach 'Running Free' draufgelegt. Der eingängige Hit vom ersten Album, mit dem Iron Maiden als erste Band seit 'The Who' in Top of the Pops ohne Playback aufgetreten sind.

I'm running free, yeah, come on, I'm running free
I'm running free, yeah, I'm running free
Get out of my way


Die Leute feierten die Band...das Licht ging an und alle waren gut drauf.
War schon etwas ganz besonderes.

Am Merchstand hab ich mich dann mit dem Basser der Band unterhalten, mich über Pauls neue Band die "Architects of Chaos" unterhalten und wie sie denn Backingband von Paul geworden sind. Er erzählte mir, dass sie 2000 mal Vorband waren und er sie dann gefragt hat ob sie Bock hätten für ihn zu spielen. Erst Deutschland und Benelux und dann wurde es immer mehr. Danach noch ein bischen über Maiden geredet und dann gefragt ob ich ein Interview mit Paul haben könne.

Die waren alle sehr zuvorkommend und hinter einem Vorhang wartete Paul schon im Backstage auf das Interview. Ich empfand ihn als sehr sympatisch und offen. Nah an den Fans und absolut geerdet. Er war schon etwas angestochen und eine flapsige Bemerkung machte ihn zurecht fürchterlich sauer und dann war das Interview auch geplatzt. Unter wüsten Beschimpfungen verlies ich dann den Backstageraum bevor ich mir noch was einfangen würde. 

Mir egal, ich scheiß drauf. Ich fand den Kerl irgendwie trotzdem extrem sympatisch. Ein denkwürdiger Abend. Ich kann Euch nur empfehlen mal reinzuschauen wenn Paul und seine Mannen bei Euch in der Stadt spielen.

Up the Irons!


Geschrieben von MC GAudibuizn am 15.11.2015, 15:28 Uhr


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3 Kommentare

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King Kraut
Geschrieben am 23.11.2015, 22:03 Uhr
Bitte sag, dass Du ihn auf Song von NOFX über die schwule Dreiecksbeziehung zwischen ihm, Bruce Dickinson und Eddie angesprochen hast und deshalb rausgekickt wurdest.

__________________
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GAudibuizn (unregistriert)
Geschrieben am 22.11.2015, 23:33 Uhr
Arrogant hab ich ich den nicht empfunden. Ganz im Gegenteil. Der war alles andere als abgehoben und absolut offen. Bis zu dem Fauxpas halt. Hab da nicht nachgedacht aber er ist sich da wohl etwas verarscht vorgekommen. Ansonsten saß er da mit den anderen Bands im Backstage, das nur ein Raum neben der Bühne war, der von einem schwarzen Vorhang abgedeckt gewesen ist. Für mich war da in jedem Fall mehr Punk zu spüren als Rockstar.

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King Kraut
Geschrieben am 19.11.2015, 21:30 Uhr
Netter Bericht, der Typ scheint mir dann aber doch irgendwie nicht der hellste, mit Rockstar-Arroganz und Macho-Blabla. Seinen musikalischen Helden verzeiht man wahrscheinlich eher mal charakterliche Schwächen, was?
Dass sein Gesang rockt, steht auch für mich natürlich außer Frage.

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