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BERLIN BOOM ORCHESTRA - HIN UND WEG

Weitere Informationen:
http://www.myspace.com/berlinboomorchestra
http://www.berlinboomorchestra.de/
Ach ja die Welt ist klein, und Berlin sowieso.
Habe ich vor einigen Jahren die Anfänge der Event - und Artist Management - Agentur Wall City Music intensiv erlebt und mitverfolgt, sind unsere Wege die letzten Jahre in gegensätzliche Richtungen gegangen. Aber wie das so oft ist, man sieht sich manchmal zwei Mal im Leben.
Wall City Music bucht und managt das BERLIN BOOM ORCHESTRA.
So liegt nun die neue Scheibe der Berliner Senkrechtstarter BERLIN BOOM ORCHESTRA vor mir. Man mag mir den Begriff Senkrechtstarter verzeihen, aber was die Band in den fünf Jahren ihres Bestehens alles geschafft hat, verdient tatsächlich diesen Begriff. Ich möchte gar nicht erwähnen, dass die Band in 2011 zwei Mal den ersten Platz der deutschen Rock & Pop-Stiftung erhalten hat, weil ich solche Vereinigungen immer mit Skepsis sehe. Nicht mit Skepsis zu sehen ist dagegen dieses Reggae - Dancehall - Monster!
Achtzehn Songs sind auf dem Silberling und jeder Song hat es in sich.
Wie gesagt, dass BERLIN BOOM ORCHESTRA gibt es seit 2006 und ist aus der Asche der Berliner Skaband Skaquadrat entstanden. Neun Leute ist die Combo stark. Der Sound der Musik hat als Basis Reggae und Dancehall. Jetzt an Seed zu denken ist sicher nicht verkehrt, da die Band durchaus auch an diese großen Berliner erinnert, vom Sound her. Der Neuner ist aber keineswegs eine Kopie von Seed, das erstmal ganz klar gesagt! Es gibt im Bereich Dancehall mehr, und das zeigt auch diese Band. Ska, Klezmer, Balkan und Dub sind ebenfalls für die Berliner keine Unbekannten. Es ist ein Sound der einen einfach umhaut. Da ist Volumen, Anspruch, Eingängigkeit und Tanzbarkeit, Es ist alles dabei. Die Band schafft es die Songs so gut zu kreieren, dass man auch nach mehrmaligem Hören immer noch was findet, was einem neu erscheint. Das ist schon mal etwas, was viele Bands nicht schaffen und würde alleine für eine gute Bewertung ausreichen.
Gehen wir mal weg von der Musik und schauen wir uns das geschriebene Wort an.
Hier ist es wie mit der Musik. Anspruch, Tiefgängigkeit, Provokation, das Verarbeiten eigener Erlebnisse, klare politische Statements, einfache Worte mit großer Bedeutung und ganz viel Tiefgang.
Insbesondere die sozialkritischen Texte sind in dieser Schärfe in selten geschrieben worden in diesem Genre. Das sind Punkrocktexte!
Alleine der Text zu “Reisefieber“ geht einem sehr nahe. Es ist nichts neues was die Band in diesem Text erzählt, aber in ihrer Radikalität und dem kompromisslosen Aufzeigen der Missstände wird einem beim Lesen fast schlecht. Heute ist ein Flugzeug von Condor notgelandet wegen Vogelschlag (http://www.arcor.de/content/aktuell/news_panorama/86612561,1,artikel,Condor-Flug+abgebrochen+-+Vögel+in+Triebwerk.html ). Hat jemand sich mal um die Vögel Gedanken gemacht und warum die im Triebwerk gelandet sind? Was hat das mit dem Text zu tun? Ganz einfach, der Flug ging in irgendeine Ferienregion, wo der Deutsche mit allen anderen Wohlstandsmenschen auf der Welt einen “exotischen“, “abenteuerreichen“ aber sehr billigen Urlaub verlebt. Das ist so abstoßend, wenn man darüber nachdenkt. Warum ist es so billig? Warum sollte man nachts im Hotel bleiben? Und warum ist das Hinterland so trocken, der Pool aber immer mit frischem Wasser gefüllt? Denkt mal drüber nach! Die Berliner geben hier sogar noch Unterstützung in Form von Liner Notes zu jedem Song. Hier wird der persönliche Bezug geschaffen und zur Reflektion aufgerufen! Weiß jemand überhaupt wie viele Vögel pro Jahr in Flugzeugtriebwerken sterben, nur damit wir in den Urlaub fliegen können? Es sind große Mengen. Erzählt mir nichts über Tierschutz, weil ihr euren Hund ach so lieb habt aber in die Dominikanische Republik fliegt und dabei seltene flugfähige Tiere zerstückelt werden.
Nun haben die neun Berliner aber nicht nur viel Kritik im Köcher sondern auch einige nachdenkliche Songs wie “Zwischen Gestern und Morgen“ oder “Spüre den Verlust“. Ganz großes Kino sind auch “Alles was zählt“ und “Ein Tag im November“. Songs die Deutschland thematisieren, klare Stellung zum neu aufkeimenden Patriotismus beziehen und auch die Linientreuheit der Deutschen hinterfragt. Große Themen, gute, verständliche Worte und Aussagen die leider immer noch nicht überflüssig sind.
Dann gibt es noch den kleinen Szenehit “Nein, Mann!“ der zeigt, dass die Band auch super fluffigen Reggae - Ska - Dub spielen kann, der wie Hölle groovt und doch so eingängig ist, dass auch Menschen die diesen Sound nicht kennen, ihn sofort gut finden.
Bevor ich zum Fazit komme, will ich noch unbedingt den großartigen Song “Endbahnhof Rudow“ erwähnen. Ein Song der im Bezug auch “The Day after Party“ oder “The Train into the Pain“ heißen könnte. Oh ja, Ihr habt ja so Recht mit diesem Song!
Kommen wir zum Fazit der Platte:
Ich bin Hin und Weg von “Hin und Weg“. Ich könnte noch so viel schreiben über diese Platte, die mich einfach begeistert und dafür sorgt, dass ich jedem der mir sagt, dass Ska und ähnliche Stile tot sind ein lautes “Nein, nicht so lange es das BERLIN BOOM ORCHESTRA gibt“ entgegen schreie. “Hin und Weg“ ist eine Platte die sicher Geschichte schreiben wird!
Geschrieben von Frank am 31.10.2011, 00:00 Uhr
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