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Pothead - Desiccated Soup

Pothead - Desiccated Soup

CD Janitor Records 01.02.2004
  8 / 10

Weitere Informationen:
http://www.pothead.de/
http://www.myspace.com/potheadband


Hach, ich liebe diesen Job einfach! Er mag zwar beschissen bezahlt sein (ich verdiene nämlich nichts) und ich muss mich unter den Fittichen diverser „Diktatoren“ dieser Seite wissen; aber die guten Arbeitszeiten und das Material, mit dem ich arbeiten kann, gleichen diese unschönen Sachen glatt aus. Obwohl mich nach diesem Review wahrscheinlich ein Killerkommando (das sich durch ein mysteriöses Klopfen an de Tür ankündigt) der besagten Administratoren abfangen und ausschalten wird (schließlich habe ich nicht besonders nette Sachen gesagt), werde ich trotzdem mit einem wohligen Gefühl weiterschreiben. Denn ich kann mit größter Freude mein Review präsentieren, welches ich schon in meinem Konzertbericht in Oettersdorf angesprochen habe. Für alle Leute, die einen (auch imaginären!) Hut tragen: Festhalten!

Wer sich an den gut gemeinten Ratschlag meinerseits nicht gehalten hat, brauch mir nicht mit einer Klage ankommen! Dass der Hut durch den Druck und die Power weggeblasen wurde, sodass man nun MIR diesen Verlust anhängen möchte, ist nicht mein Verschulden. Ich habe euch gewarnt!
Es geht hier nämlich um die Berliner Rockband „Pothead“ mit ihrem lustig-klingenden Album „Desiccated Soup“. Lecker, an Suppe erinnert es mich schon mal, wenn ich mir so das malerische Cover mit Kuhweide, Tomaten, Zwiebeln und Lauch anschaue. Appetit macht es auf jeden Fall!  Der Hunger wird auch beim Durchhören der 14 Tracks auf dieser CD gestillt, denn es wird grandioser, sauberer und vor allem spielerisch absolut überzeugender Rock gespielt.

Über den Klang habe ich mich zwar in meinem Konzertbericht ausgelassen, aber ich kann es einfach nicht lassen! Man kann gar nicht oft genug betonen, wie druckvoll, wie energiegeladen, wie „träumerisch“ die Noten und Akkorde gespielt werden. Jeder Klang klingt richtig und unverzichtbar für das jeweilige Lied. Die Gitarre klingt sehr gut und harmonisch, obwohl fast nur tiefe Töne verwendet werden, wie es auch beim Bass der Fall ist. Es klingt zwar alles „dunkel“ und „böse“, aber irgendwie ist das genau das letzte, woran man denken würde. Auch das Schlagzeug klingt verdammt gut (besonders live!), was die beiden Saiteninstrumente nur nochmal unterstreicht. Wenn es dann mal nicht „böse“ klingt, dann jagen die Finger über die Saiten und lassen Gitarrensolos runterdonnern, die in jeder Hinsicht zu beeindrucken wissen. Doch es gibt auch etwas nachdenkliches: Lieder wie „Narcissus“ oder „I‘m a sinner too“ sind im wahrsten Sinne des Wortes traumhaft. Keinerlei Verzerrung ist zu hören, nur der reine Klang einer E-Gitarre, die im ewigen Raum schallt und langsam ausklingt, während eine sanfte und sehr charismatische Stimme den Text vorträgt. Die Stimme ist übrigens wirklich eine, bei der sogar die „stumpfe Masse“ sagen würde: „Wow, der Typ SINGT ja richtig!“, anstatt zu fragen, warum sich besagte Sänger anderer Bandsso dermaßen gehen lassen, weil diese ja ins Mikrophon kotzen würden. Selbst bei „härteren“ Liedern wie „Funkenbus“ wird die Stimme nicht abgebaut, sondern eher dem Lied angepasst, ohne dabei von seiner Einzigartigkeit zu verlieren.
Es ist sehr schwer zu sagen, in welche Richtung die drei Menschen aus Berlin einschlagen. Ich persönlich würde sie als eine Mischung aus Punkrock, Hardrock und dem klassischen Rock’n’Roll einordnen. Besonders Lieder wie „Desiccated Soup“ zeigen den Stil der Band sehr gut auf. Es wird einfach nur gerockt, dass die Wände ihren Putz verlieren! Doch komischerweise eignen sich nicht alle Lieder zum Pogen, so seltsam das klingen mag. Es handelt sich hier auch um Musik, bei der man wirklich zu zweit oder auch alleine wirklich tanzen kann. Auch Chorgesänge kann ich mir bei Konzerten gut vorstellen (und nicht nur, weil ich dabei war). Lieder wie „Hurry“, bei welchem das Wort „Hurry“ immer weiter steigend wiederholt wird, oder „Funkenbus“, die immer „Woohoo“ rufen, sorgen für einen großen Ohrwurmfaktor. Sauber!

Ich muss aber auch zu meiner Schande gestehen, dass „Pothead“ wirklich zu den ganz ganz wenigen Bands gehört, bei denen ich ausnahmsweise mal NICHT auf den Text achte. Obwohl Texte für mich eine extrem wichtige Rolle spielen, so schaffen es die Berliner doch, dass mich das an dieser Stelle nicht stört. Ich habe mir nicht einmal die Mühe gemacht nachzusehen, worüber sie so schreiben. Ich war immerzu damit beschäftigt mit der Musik einfach „mitzufließen“ und einzutauchen. Von daher kann ich mir kein Urteil über die textliche Ausarbeitung erlauben, aber für mich ist das ein eindeutiges Zeichen, welches definitiv FÜR die musikalische Ausarbeitung spricht. Doch ein kurzer Blick auf das Lied „Wanderers“ (im Booklet) lässt mich positiv denken: „What is time, what is life? Oh, overwhelming to you wanderers, through the valley of shadows, the shadows of death”. Klingt doch gar nicht schlecht!

Allerdings möchte ich auch etwas meckern, das soll mir gestattet sein. Der Stil der Band ist in der Szene ein bisschen „ungewöhnlich“ und wird auch Menschen härteren Geschmackes á la Hardcore beispielsweise gar nicht ansprechen, was dem Gesang zu verschulden sei. Außerdem ist das „Tempo“ der ganzen Scheibe eher „Mittelmaß“ bis „Langsam“, was für viele nicht nur abschreckend ist, sondern auch für potenzielle Hörer eine kleine Geduldsprobe darstellt. Denn die Platte ist in etwa so einsteigerfreundlich wie ein fahrender ICE. Hier muss man einfach mal – obwohl das in der heutigen Hetz- und Informationsgesellschaft schwer ist – ein kleines bisschen Zeit haben, einfach mal GENAU hinzuhören und sich direkt verzaubern zu lassen. Aber das ist natürlich – wie so vieles – eine Grenze, die jeder für sich persönlich ziehen muss.

Aber im Grunde genommen wusste ich es einfach! Die Band würde mich auf dem Silberling auch nicht enttäuschen. Erst hatte ich die Befürchtung, dass ihr klasse Live-Auftritt die Lichtseite ihrer Existenz darstellt, wobei die Plattenversionen die Schattenseiten wären. Doch die Zweifel konnten schnell beseitigt werden. Wer dieser Platte auch nur im entferntesten Winkel seines Gehirns eine Chance gibt, der sollte sich auf jeden Fall mal dazu durchringen, sich die drei Herren auch mal live anzusehen. Denn vor Ort wird nochmal um ein vielfaches aufgedreht…und dann beginnt man vielleicht zu verstehen, warum ich hier so schwärmerisch schreibe. Bei mir haben „Pothead“ jedenfalls einen festen Platz im CD-Schrank gefunden!

Meinen Respekt ihr Lieben, den Überraschungsmoment habt ihr wirklich sehr gut ausgenutzt! 8 Punkte!

So, jetzt entschuldigt mich bitte, ich muss kurz soziale Kontakte pflegen. Es hat nämlich so mysteriös an der Tür geklopft…


Geschrieben von ChaosZx2 am 10.07.2011, 00:00 Uhr


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