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Subway to Sally - Himmelfahrt

Subway to Sally - Himmelfahrt

CD Napalm Records 24.03.2023
  8 / 10

Weitere Informationen:
https://subwaytosally.com/


SUBWAY TO SALLY, gegründet im Jahre 1100 des Herrn am Hofe von Albrecht dem Bären, und mal wieder ein neues Album! Ich selbst kenn die Mittelalter-Rockcombo erst seit der Zeit, als sie elektrische Gitarren hinzunahmen. Naja, Spaß beiseite, seit den 90ern gibt es die Potsdamer unter diesem Namen und ich habe ihre Musik damals sehr genossen. So etwas kannte ich nicht, einerseits Rock und andererseits dramatische Texte über Sagen und Hexerei, dazu passende Instrumentierung mit Dudelsack, Laute und Geige. Passte in meiner Welt perfekt zwischen Pen&Paper-Rollenspiele, KISS und Social Distortion.
Und so treffe ich einen alten Bekannten aus seiner Schulzeit plötzlich wieder, von dem ich seitdem nicht gehört habe. „Himmelfahrt“, das neue Album, startet mit einem Track, der mich Schlimmes wähnen lässt. „Was ihr wollt“ ist ein typischer Dicke-Eier-Opener. Dazu ein stampfender Idiotenbeat für Leute, die nur bis 1 Zählen können. Womöglich sind RAMMSTEIN und Deutschrock nicht ganz an SUBWAY TO SALLY vorbeigezogen, und das Konzept wird uns noch mal auf dem Album begegnen. Dazwischen ist aber schnell wieder Aufatmen erlaubt. Die Band präsentiert ihre Waffen, die vielseitige Instrumentierung, traurig-schöne Intros mit Geige, die als Filmmusik dienen könnten. Sie erzeugen selbst die Bilder vor dem Inneren Auge des Hörers. Vielstimmige Kirchenchöre. Geschichten von Seefahrt, von Hoffnung, von Wagemut, heldenhaft und mythisch. Darauf muss man sich einlassen, um die Musik zu genießen. Wenn man das mag, erzeugt die Welt von SUBWAY TO SALLY eine ganz besondere Mischung aus Pathos, Poesie, Bildsprache und Gänsehaut. Und Pathos. Erwähnte ich Pathos? Man kann es albern finden – ich finde es bewundernswert, wie das Konzept bis zur Vollendung durchgezogen wird.
Die christlichen Motive sind hierfür ein Paradebeispiel. Keine Angst, das hier ist kein White Metal. Es ist eher ein Vehikel für mehr Drama durch den die Einbindung archaischer Motive. Wenn der Schöpfer in „Gott spricht“ seiner Enttäuschung über die Menschen Luft macht, fühlt man schon die Apokalypse anrollen.
Über das ganze Album gibt es immer wieder fantastische Kompositionen zu hören. Alle Musiker sind Virtuosen, und als Ensemble geben sie auch bei wiederholtem Hören immer wieder verspielte Details zum Besten, die man vorher noch nicht bemerkt hatte. Ich mag, wie die Band ihre Stärken in den Dienst eines stimmungsgeladenen Stücks stellt, und wie umgekehrt die Lieder so komponiert sind, dass instrumentale Passagen sich einfügen, ohne sich aufzudrängen („Jetzt das Solo!“). Es ist fast eine Stunde abwechslungsreicher Eskapismus, mit den wenigen Abstrichen für billige Griffe in die Stumpfrock-Effektekiste. Und nicht zuletzt, über 30 Jahre das Niveau zu halten, das muss man auch erst mal schaffen. Herzlichen Glückwunsch!


Geschrieben von King Kraut am 24.03.2023, 21:15 Uhr


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